Gynäkologie










Gynäkologische Untersuchung 1822


Die Gynäkologie (im 18. Jahrhundert in die deutsche[1] und im 19. Jahrhundert in die deutschsprachige[2] Literatur eingeführter Begriff[3] und abgeleitet von griechisch γυνή .mw-parser-output .Latn{font-family:"Akzidenz Grotesk","Arial","Avant Garde Gothic","Calibri","Futura","Geneva","Gill Sans","Helvetica","Lucida Grande","Lucida Sans Unicode","Lucida Grande","Stone Sans","Tahoma","Trebuchet","Univers","Verdana"}gyné, deutsch ‚Frau‘ und -logie), oder auch Frauenheilkunde, ist die Lehre von der Entstehung, Erkennung, Behandlung und Verhütung der Erkrankungen des weiblichen Sexual- und Fortpflanzungstraktes. Das entsprechende Fachgebiet für männliche Patienten ist die Andrologie, zum Teil die Urologie. Allerdings beschäftigen sich Urologen auch mit weiblichen Patienten, wenn es um Erkrankungen der Nieren, der Harnblase und der Harnröhre geht und Gynäkologen mit männlichen Patienten, wenn es sich um Erkrankungen des Brustdrüsengewebes handelt.


Im engeren Sinne befasst sich die Gynäkologie mit den Erkrankungen der nicht schwangeren Frau im Gegensatz zu ihrem Teilgebiet, der Geburtshilfe (Obstetrik). Die Frauenheilkunde (in ihrem weiteren Sinne auch als Frauenmedizin bezeichnet) ist eines von etwa 30 Teilgebieten der Humanmedizin. Die Facharzt-Ausbildung erfolgt in Deutschland immer gemeinsam mit der Geburtshilfe.


Zu den Aufgaben der Gynäkologie gehört auch die Behandlung von Erkrankungen der weiblichen Brust und die entsprechenden Vorsorgeuntersuchungen (Vorsorgemedizin; siehe auch Mammografie).




Inhaltsverzeichnis






  • 1 Untersuchungsmethoden in der Gynäkologie


  • 2 Behandlungsspektrum in der Gynäkologie


  • 3 Facharzt für Frauenheilkunde und Geburtshilfe


    • 3.1 Zusatzqualifikationen in der Gynäkologie




  • 4 Organisationen


  • 5 Statistiken


  • 6 Große Gynäkologen


  • 7 Literatur


  • 8 Historische Literatur


  • 9 Weblinks


  • 10 Einzelnachweise





Untersuchungsmethoden in der Gynäkologie |


Die wichtigsten Untersuchungsmethoden der Gynäkologie sind Ultraschall (siehe Sonografie) zur Abbildung der inneren Organe (vor allem der Gebärmutter), sowie die Tastuntersuchung (Eierstöcke) und visuelle Begutachtung mittels Spekulum zur Untersuchung von Scheide und Muttermund, wobei Gewebeproben und Zellen von der Schleimhautoberfläche (Abstrich) zur Untersuchung entnommen werden können. Für Untersuchungen und Behandlungen im Bereich des Unterleibs wird die Patientin im Regelfall auf einem gynäkologischen Stuhl gelagert, damit die Geschlechtsorgane gut zugänglich sind. Im Übrigen sei als wichtiges Hilfsmittel noch die Mikroskopie erwähnt: Zum Beispiel zum Nachweis einer Pilzinfektion der Vagina (Candidamycose).



Behandlungsspektrum in der Gynäkologie |


Die Gynäkologie zählt zu den operativen Fachgebieten der Medizin. Einige klassische Eingriffe: Hysterektomie (Gebärmutterentfernung), Tubenligatur (Eileiterunterbindung zur Sterilisation), laparoskopische ovarielle Cystektomie (Eierstockzystenentfernung mittels Schlüssellochoperation durch die Bauchwand). Allerdings umfasst die Frauenheilkunde auch einen großen Bereich konservativer Behandlungsverfahren, wie der Hormontherapie, die Beratung und Durchführung von Maßnahmen zur Kontrazeption und die Behandlung von Paaren bei ungewollter Kinderlosigkeit.



Facharzt für Frauenheilkunde und Geburtshilfe |


Um nach einem absolvierten Medizinstudium in Deutschland als Facharzt für Frauenheilkunde und Geburtshilfe tätig zu werden, bedarf es einer fünfjährigen Weiterbildung, von welcher mindestens drei Jahre im Stationsdienst abzuleisten sind. Anrechenbar auf diese Weiterbildungszeit sind:


  • Jeweils ein halbes Jahr Anatomie, Chirurgie, Humangenetik, Pathologie oder Urologie. Nach der neuen Weiterbildungsordnung von 2006 werden auch weitere Fächer wie z. B. Innere Medizin anerkannt. Zwei Jahre dürfen bei einem niedergelassenen Arzt abgeleistet werden. Zur Anmeldung zur Facharztprüfung bedarf es zudem der Erfüllung eines „OP-Katalogs“ sowie dem Nachweis selbständig durchgeführter diagnostischer Verfahren oder von mindestens 250 selbständig geleiteten Geburten sowie selbständig durchgeführten Kaiserschnitten und vaginal-operativen Entbindungen. Zudem müssen alle bildgebenden Methoden der Gynäkologie und Geburtshilfe (allgemeine Sonographie, Dopplersonographie, sonographischer Fehlbildungsausschluss des Ungeborenen, urodynamische Messung, Kolposkopie, Mammographie, Zytologie etc.) beherrscht werden. Eine Spezialisierung ist in der speziellen gynäkologischen Onkologie, speziellen Perinatalmedizin und der gynäkologischen Endokrinologie und Reproduktionsmedizin möglich. Die Spezialisierung umfasst weitere drei Jahre Fortbildung nach dem Facharzt, die frühestens ein Jahr vor dem Facharzt begonnen werden kann. Außerdem wird ein Weiterbildungskurs von 80 Stunden in psychosomatischer Grundversorgung verlangt.


Zusatzqualifikationen in der Gynäkologie |


Die Zusatzqualifikationen sind nicht Teil der Facharzt- oder der Schwerpunktweiterbildung nach der Weiterbildungsordnung. Sie befähigen jedoch zu bestimmten Untersuchungen oder Tätigkeiten als Weiterbilder.




  • Pränatalmedizin: In Schwerpunktpraxen für Pränatalmedizin werden in Deutschland Untersuchungen des ungeborenen Kindes und der Schwangeren durchgeführt. Hierfür ist eine Qualifizierung in der Ultraschalluntersuchung nach den Richtlinien der Deutschen Gesellschaft für Ultraschall in der Medizin (DEGUM) der Stufen II oder III notwendig.


  • Urogynäkologie: Dieser Teil des Fachgebiets, der sich mit Harn- und Stuhlinkontinenz sowie Lageveränderungen der Genitalorgane beschäftigt, weist Überschneidungen zur Urologie auf und wird sowohl von Gynäkologen als auch von Urologen betrieben. Im Fachgebiet der Gynäkologie können dazu in Deutschland Qualifikationen nach den Richtlinien der Arbeitsgemeinschaft für Urogynäkologie und plastische Beckenbodenrekonstruktion (AGUB) der Deutschen Gesellschaft für Gynäkologie und Geburtshilfe erworben werden.

  • Kindergynäkologie: Die Kinder- und Jugendgynäkologie befasst sich mit angeborenen und entwicklungsbedingten gynäkologischen Störungen im Kindes- und Jugendalter. Hier bestehen Überschneidungen zur Kinderheilkunde.


  • Senologie: Die Senologie ist die Lehre von der weiblichen Brust. Erkrankungen der weiblichen Brust werden in Deutschland in der Gynäkologie sowie der Chirurgie, insbesondere der Plastischen Chirurgie behandelt. Zur Verbesserung der interdisziplinären Zusammenarbeit bei der Diagnostik und Therapie wurden spezielle Brustzentren etabliert.


  • Minimalinvasive Chirurgie: Besondere Fähigkeiten in der laparoskopischen Chirurgie und Hysteroskopie werden nach Kriterien der Arbeitsgemeinschaft gynäkologische und geburtshilfliche Endoskopie (AGE) der Deutschen Gesellschaft für Gynäkologie und Geburtshilfe nach MIC I bis III zertifiziert. Ergänzt wird das Spektrum in neuerer Zeit durch die Duktoskopie, eine Spiegelung der Milchgänge.


Es sind Strömungen innerhalb des Fachgebiets der Frauenheilkunde erkennbar, die diese Zusatzqualifikationen als eigene Schwerpunkte in der Frauenheilkunde definieren möchten. Allerdings wird dabei von Gegnern das Risiko einer möglichen Zersplitterung der Gynäkologie befürchtet. Auch die Weiterbildung in der Frauenheilkunde wäre hierdurch erschwert, da nicht in allen Kliniken das gesamte Spektrum vorgehalten werden kann.



Organisationen |


In Deutschland sind etwa 5000 Frauenärzte in der Deutschen Gesellschaft für Gynäkologie und Geburtshilfe mit ihren 21 themenbezogenen Arbeitsgemeinschaften, 8 Regionalgesellschaften und 12 deutsch-ausländische Gesellschaften für Gynäkologie und Geburtshilfe und etwa 13500 im Berufsverband der Frauenärzte mit 17 Landes- und 72 Bezirksverbänden organisiert.



Statistiken |



  • Am 1. Januar 2001 waren in der Bundesrepublik Deutschland 18.223 Gynäkologen registriert, von denen 10.074 niedergelassen waren. 3.408 übten keine ärztliche Tätigkeit aus.

  • Die größte (an einem Standort befindliche) Frauenklinik Deutschlands ist die der Eberhard Karls Universität Tübingen: Sie hat 140 Betten und ca. 2.600 Geburten pro Jahr. In der Rostocker Universitätsfrauenklinik (Klinikum Südstadt) kommen jährlich 3200 Kinder zur Welt.

  • 1998 erzielten die Gynäkologen durchschnittlich 100.700 € Praxisüberschuss vor Steuern; in den neuen Ländern 75.000 €.

  • Anfang 2001 gab es noch 68 offene Planungsbereiche.



Große Gynäkologen |





  • Franz Kiwisch von Rotterau (1814–1852), Begründer der modernen Gynäkologie und Geburtshilfe


  • Gerhard Bettendorf (1926–2009), Endokrinologe


  • August Mayer, ein Begründer der psychosomatischen Gynäkologie


  • Heinz Kirchhoff (1905–1997)


  • Heinrich Maass (1927–2016), Senologe


  • Kurt Semm (1927–2003), Erfinder der Endoskopie


  • Walter Stoeckel (1871–1961)



Literatur |




  • Lutwin Beck: Zur Geschichte der Gynäkologie und Geburtshilfe. Aus Anlaß des 100jährigen Bestehens der Deutschen Gesellschaft für Gynäkologie und Geburtshilfe. Springer, Berlin Heidelberg 1986.


  • Johannes C. Huber: Endokrine Gynäkologie, Verlag Maudrich, Wien München Bern 1998, Online-Version

  • Barbara Maier: Ethik in Gynäkologie und Geburtshilfe. Entscheidungen anhand klinischer Fallbeispiele. Springer, Berlin Heidelberg 2000, ISBN 3-540-67304-0.

  • Ulrike Havemann, Mahtab Bazargan: Gynäkologie, in: Margret Liehn, Brigitte Lengersdorf, Lutz Steinmüller und Rüdiger Döhler: OP-Handbuch. Grundlagen, Instrumentarium, OP-Ablauf, 6., aktualisierte und erweiterte Auflage. Springer, Berlin, Heidelberg, New York 2016, ISBN 978-3-662-49280-2, S. 395–443.



Historische Literatur |



  • Ann Dally: Women under the knife. A history of surgery. New York 1991.

  • Anna Blanca Césarine Maria Delva (Hrsg.): Vrouwengeneeskunde in Vlaanderen tijdens de late middeleeuwen, met uitgave van het Brugse 'Liber Trotula'. (Philosophische Dissertation) Brügge 1983 (= Vlaamse historische studies. Band 2).


  • Isidor Fischer: Geschichte der Gynäkologie. In: J. Halban, L. Seitz (Hrsg.): Biologie und Pathologie des Weibes. Band I. Berlin / Wien 1923, S. 1–202.

  • Monica H. Green: Obstetrical and gynecological texts in Middle English. In: Studies in the Age of Chaucer, 14, 1992, S. 53–88.

  • Gundolf Keil, Jörg Siegfried Kotsch: Das „Erlauer Frauenbüchlein“. Untersuchungen zu einem gynäkologischen Rezeptar aus dem spätmittelalterlichen Oberungarn. Text und Kommentar. In: Fachprosaforschung – Grenzüberschreitungen. Band 4/5, 2008/2009 (2010), S. 47–112.

  • Britta-Juliane Kruse: Verborgene Heilkünste. Geschichte der Frauenmedizin im Spätmittelalter. (Phil. Dissertation FU Berlin 1994: Verborgene Heilkünste. Frauenheilkunde und Geburtshilfe in Handschriften und Drucken des 15. und 16. Jahrhunderts), De Gruyter, Berlin und New York 1996 (= Quellen und Forschungen zur Literatur- und Kulturgeschichte, 5; zugleich: Quellen und Forschungen zur Sprach- und Kulturgeschichte der germanischen Völker. Band 239), ISBN 978-3-11-014704-9.

  • Britta-Juliane Kruse: „Die Arznei ist Goldes wert“. Mittelalterliche Frauenrezepte. De Gruyter, Berlin/ New York 1999, ISBN 978-3-110-14703-2 (als E-Book: 2013, ISBN 978-3-110-88587-3).

  • Dorothee Leidig (Hrsg.): Frauenheilkunde in volkssprachigen Arznei- und Kräuterbüchern des 12. bis 15. Jahrhunderts. Eine empirische Untersuchung. Philosophische Dissertation, Würzburg 2004.

  • Chris. E. Paschold: Die Frau und ihr Körper im medizinischen und didaktischen Schrifttum des französischen Mittelalters. Wortgeschichtliche Untersuchungen zu Texten des 13. und 14. Jahrhunderts, mit kritischer Ausgabe der gynäkologischen Kapitel aus dem 'Amphorismes Ypocras' des Martin de Saint-Gilles. (Phil. Dissertation Heidelberg 1986) Pattensen/Hannover, jetzt bei Königshausen und Neumann, Würzburg 1989 (= Würzburger medizinhistorische Forschungen, 47).

  • André Pecker: Gynäkologie und Geburtshilfe vom Altertum bis zum Anfang des 18. Jahrhunderts. In: Illustrierte Geschichte der Medizin. Deutsche Bearbeitung von Richard Toellner u. a., Sonderauflage Salzburg 1986, II, S. 1002–1053.

  • Max Schad: Frauenheilkunde und Geburtshilfe bei Ettner. Diss. München 1943.

  • Roland Siegmund: Das ‚Speyrer Frauenbüchlein‘. Medizinische Dissertation, Würzburg 1990.



Weblinks |



 Commons: Gynäkologie – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien


 Wiktionary: Gynäkologie – Bedeutungserklärungen, Wortherkunft, Synonyme, Übersetzungen



  • Website der Deutschen Gesellschaft für Gynäkologie und Geburtshilfe e. V. (DGGG)


  • Website des Berufsverbandes der Frauenärzte e. V.


  • Global Library of Women’s Medicine, Global Library Ltd (englisch)


  • Bayerische Landesärztekammer zur FA-Weiterbildung (PDF; 501 kB)

  • Sächsische Landesärztekammer zur FA-Weiterbildung



Einzelnachweise |




  1. Martin Schurig: Gynaecologia historico-medica, hoc est consideratio congressus muliebris [...]. Dresden und Leipzig 1730.


  2. Carl Gustav Carus: Lehrbuch der Gynaekologie [...]. 2 Bände, Leipzig 1820.


  3. Peter Schneck: Frauenheilkunde (Neuzeit). In: Werner E. Gerabek, Bernhard D. Haage, Gundolf Keil, Wolfgang Wegner (Hrsg.): Enzyklopädie Medizingeschichte. De Gruyter, Berlin/ New York 2005, ISBN 3-11-015714-4, S. 429–435; hier: S. 429.









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