§ 175










Der linke Publizist Kurt Hiller veröffentlichte 1922 eine Aufsatzsammlung gegen den § 175.


Der § 175 des deutschen Strafgesetzbuches (§ 175 StGB) existierte vom 1. Januar 1872 (Inkrafttreten des Reichsstrafgesetzbuches) bis zum 11. Juni 1994. Er stellte sexuelle Handlungen zwischen Personen männlichen Geschlechts unter Strafe. Bis 1969 bestrafte er auch die „widernatürliche Unzucht mit Tieren“ (ab 1935 nach § 175b ausgelagert). Insgesamt wurden etwa 140.000 Männer nach den verschiedenen Fassungen des § 175 verurteilt. Am 1. September 1935 verschärften die Nationalsozialisten den § 175, unter anderem durch Anhebung der Höchststrafe von sechs Monaten auf fünf Jahre Gefängnis. Darüber hinaus wurde der Tatbestand von beischlafähnlichen auf sämtliche „unzüchtigen“ Handlungen ausgeweitet. Der neu eingefügte § 175a bestimmte für „erschwerte Fälle“ zwischen einem und zehn Jahren Zuchthaus.[1]


Die DDR kehrte 1950 zur alten Fassung des § 175 zurück; der § 175a wurde weiterhin angewendet. Ab Ende der 1950er Jahre wurden homosexuelle Handlungen unter Erwachsenen nicht mehr geahndet. 1968 setzte die DDR ein komplett neues Strafgesetzbuch in Kraft, das in § 151 gleichgeschlechtliche sexuelle Handlungen mit Jugendlichen sowohl für Frauen als auch für Männer unter Strafe stellte. 1988 wurde dieser Paragraph ersatzlos gestrichen. Die Bundesrepublik Deutschland hielt zwei Jahrzehnte lang an den Fassungen der §§ 175 und 175a aus der Zeit des Nationalsozialismus fest. 1969 kam es zu einer ersten, 1973 zu einer zweiten Reform. Seitdem waren nur noch sexuelle Handlungen mit männlichen Jugendlichen unter 18 Jahren strafbar, wogegen das Schutzalter bei lesbischen und heterosexuellen Handlungen bei 14 Jahren lag. Erst nach der Wiedervereinigung wurde 1994 der § 175 auch für das Gebiet der alten Bundesrepublik ersatzlos aufgehoben.


Im Volksmund wurden Homosexuelle gelegentlich als „175er“ bezeichnet. Gleichzeitig nannte man den 17. Mai (17.5.) zahlenspielerisch den „Feiertag der Schwulen“. Heute finden am selben Tag Aktionen zum Internationalen Tag gegen Homophobie, Transphobie und Biphobie statt.




Inhaltsverzeichnis






  • 1 Vorgeschichte


  • 2 Kaiserreich


  • 3 Weimarer Republik


  • 4 Nationalsozialismus


  • 5 Nachkriegszeit


    • 5.1 Entwicklung in der sowjetischen Besatzungszone und der Deutschen Demokratischen Republik


    • 5.2 Entwicklung in der alten Bundesrepublik




  • 6 Entwicklungen nach 1990


    • 6.1 Streichung des § 175


    • 6.2 Teilweise Rehabilitierung der Verurteilten


    • 6.3 Rehabilitierung weiterer Verurteilter: Gesetz von 2017




  • 7 Grafische Darstellung der Statistik


  • 8 Wortlaut der Fassungen des § 175 und der Vorbestimmungen


    • 8.1 Constitutio Criminalis Carolina von 1532


    • 8.2 Allgemeines Landrecht für die Preußischen Staaten vom 5. Februar 1794


    • 8.3 Strafgesetzbuch für die Preußischen Staaten vom 14. April 1851


      • 8.3.1 Erläuterungen dazu (1864)




    • 8.4 Fassung vom 15. Mai 1871 (Verkündung)


      • 8.4.1 Juristische Erläuterungen dazu (1913)




    • 8.5 Fassung vom 1. September 1935


    • 8.6 Fassung ab 1949 (DDR)


    • 8.7 Fassung ab 1968 (DDR, § 151)


    • 8.8 Fassung vom 25. Juni 1969 (Bundesrepublik)


    • 8.9 Fassung vom 28. November 1973 (Bundesrepublik)


    • 8.10 Fassung vom 10. März 1994


    • 8.11 Neubekanntmachung des StGB vom 13. November 1998




  • 9 Chronologischer Überblick


  • 10 Siehe auch


  • 11 Literatur


  • 12 Weblinks


  • 13 Fußnoten





Vorgeschichte |




Verbrennung des Ritters von Hohenberg mit seinem Knecht vor den Mauern von Zürich (1482)


In der zweiten Hälfte des 13. Jahrhunderts wandelte sich der Analverkehr zwischen Männern von einer zwar sündigen, aber meist völlig legalen Handlung zu einem Verbrechen, das fast überall in Europa mit der Todesstrafe belegt wurde (siehe hierzu: Sodomiterverfolgung).
1532 schuf Karl V. mit der Constitutio Criminalis Carolina für diese Rechtspraxis eine gesetzliche Grundlage, die im Heiligen Römischen Reich deutscher Nation bis zum Ende des 18. Jahrhunderts Gültigkeit behielt. So hieß es dort in § 116:


„Straff der vnkeusch, so wider die Natur beschicht. cxvj. ITem so eyn mensch mit eynem vihe, mann mit mann, weib mit weib, vnkeusch treiben, die haben auch das leben verwürckt, vnd man soll sie der gemeynen gewonheyt nach mit dem fewer vom leben zum todt richten.“[2]
(„Strafe für Unzucht, so sie wider die Natur geschieht. 116. Ferner, wenn ein Mensch mit einem Vieh, Mann mit Mann, Frau mit Frau, Unzucht treiben, haben sie auch das Leben verwirkt, und man soll sie nach allgemeiner Gewohnheit mit dem Feuer vom Leben zum Tode richten.“)

Nachdem in Frankreich der Code pénal von 1791 die Strafbarkeit der Homosexualität bereits vollständig beseitigt hatte (siehe Homosexualität in Frankreich), setzte Preußen mit der Einführung des Allgemeinen Landrechts 1794 nach Pennsylvania (1786) und Österreich (1787) die Todesstrafe auf eine Gefängnisstrafe und Verbannung herab. Die §§ 1069 und 1070 des zwanzigsten Titels bestimmten:



„Sodomiterey und andre dergleichen unnatürliche Sünden, welche wegen ihrer Abscheulichkeit hier nicht genannt werden können, erfordern eine gänzliche Vertilgung des Andenkens.“

„Es soll daher ein solcher Verbrecher, nachdem er ein- oder mehrjährige Zuchthausstrafe mit Willkommen und Abschied ausgestanden hat, aus dem Orte seines Aufenthalts, wo sein Laster bekannt geworden ist, auf immer verbannt, und das etwa gemißbrauchte Thier getödtet, oder heimlich aus der Gegend entfernt werden.“


„Willkommen und Abschied“ bedeutet körperliche Züchtigung bei Antritt und Ende der Haftstrafe. Unter Sodomie verstand man damals alles, was nicht den Koitus zwischen Mann und Frau darstellte. Damit war Preußen zu diesem Zeitpunkt noch Vorreiter und galt als aufklärerisch – wurde indes schon bald von anderen Ländern in der Entwicklung überholt. So stellte der französische Code Pénal von 1810 nur noch solche Handlungen unter Strafe, die in die Rechte eines Dritten eingriffen, was zur vollständigen Legalisierung einvernehmlicher Sexualhandlungen zwischen Männern führte. Im Rahmen seiner Eroberungen exportierte Napoleon den Code Pénal und Code Civil in die annektierten linksrheinischen Gebiete, wo der Code Pénal noch bis zur Einführung des Reichsstrafgesetzbuches am 1. Januar 1872 beibehalten wurde,[3] sowie in eine Reihe anderer Staaten, zum Beispiel die Niederlande. Auch Bayern orientierte sich am französischen Vorbild und ließ in seinem Gesetzbuch von 1813 alle opferlosen Straftaten ersatzlos fallen. In Preußen wurde mit Wirkung vom 1. Juli 1851 der strafrechtliche Teil des Allgemeinen Landrechts durch das Strafgesetzbuch für die Preußischen Staaten ersetzt. Dort war der Tatbestand wieder genauer definiert und statt Verbannung die vorübergehende Aberkennung der bürgerlichen Ehrenrechte vorgesehen. Der § 143 besagte:


„Die widernatürliche Unzucht, welche zwischen Personen männlichen Geschlechts oder von Menschen mit Thieren verübt wird, ist mit Gefängniß von sechs Monaten bis zu vier Jahren, sowie mit zeitiger Untersagung der Ausübung der bürgerlichen Ehrenrechte zu bestrafen.“

Am 1. Juli 1853 bestätigte das Preußische Obertribunal die bisherige Rechtsauffassung, dass „gegenseitige Onanie“ zwischen Mann und Mann straflos sei.[4] Schon 1865 reichte Karl Heinrich Ulrichs beim Deutschen Juristentag eine Petition zur Abschaffung der Strafbestimmungen ein, welche aber unterdrückt wurde. Beim Treffen des Juristentages am 29. August 1867 in München forderte Ulrichs vor 500 Zuhörern öffentlich die Abschaffung aller gegen „Urninge“ gerichteten Paragrafen, wurde jedoch durch den lauten Protest der Juristen daran gehindert, seine Rede zu beenden. Ab 1868 begannen die Beratungen zu einem Strafgesetz für den Norddeutschen Bund, und Ulrichs richtete ab Herbst 1868 zahlreiche Petitionen an die zuständigen Politiker, welche aber letztendlich unbeachtet blieben.


Angesichts der Entwicklungen in Frankreich, den besetzten Gebieten, Bayern und der Stimmen einzelner Mediziner und Juristen gab das preußische Justizministerium bei der Königlichen wissenschaftlichen Deputation für das Medizinalwesen ein Gutachten in Auftrag, der unter anderem die berühmten Ärzte Rudolf Virchow und Heinrich Adolf von Bardeleben angehörten. Am 24. März 1869 legten die Mitglieder der Deputation ihr Gutachten vor: Sie sahen es als Mediziner nicht in ihrer Kompetenz liegend, darüber zu urteilen, ob einzelne Unzuchtsakte eine besondere Unsittlichkeit oder Herabwürdigung des Menschen im Gegensatz zu anderen darstellen. Sie sahen sich außerstande, „irgend welche Gründe dafür beizubringen, dass, während andere Arten der Unzucht vom Strafgesetze unberücksichtigt gelassen werden, gerade die Unzucht mit Thieren oder zwischen Personen männlichen Geschlechts mit Strafe bedroht werden sollte“. Der § 143 des preußischen Strafgesetzbuches scheint im Entwurf des Strafgesetzbuches für den Norddeutschen Bund als § 152 auf. Neben Ulrichs wendet sich auch Karl Maria Kertbeny gegen die Strafbarkeit im Entwurf und prägt dabei die Bezeichnungen „homosexual“ und „heterosexual“. Bismarck legt 1870 dem Reichstag des Norddeutschen Bundes den vom Bundesrat beschlossenen Entwurf eines Strafgesetzbuches vor. Die Strafbarkeit gleichgeschlechtlicher Handlungen unter Männern wird mit der Rücksicht auf die öffentliche Meinung begründet:


„Denn selbst, wenn man den Wegfall dieser Strafbestimmungen vom Standpunkt der Medizin, wie durch manche der, gewissen Theorieen des Strafrechtes entnommenen Gründe rechtfertigen könnte; das Rechtsbewußtsein im Volke beurtheilt diese Handlungen nicht blos als Laster, sondern als Verbrechen, und der Gesetzgeber wird billig Bedenken tragen müssen, diesen Rechtsanschauungen entgegen Handlungen für straffrei zu erklären, die in der öffentlichen Meinung als strafwürdige gelten.“

Eine Straffreistellung würde also als gesetzlicher Missgriff getadelt werden. Die Formulierung von 1851 wird somit in das Strafgesetzbuch für den Norddeutschen Bund übernommen.



Kaiserreich |




































































































































Tabelle 1: Vergehen nach § 175 dStGB (1902–1918)
Jahr

Abgeurteilte
Verurteilte
1902 364  / 393 613
1903 332  / 389 600
1904 348  / 376 570
1905 379  / 381 605
1906 351  / 382 623
1907 404  / 367 612
1908 282  / 399 658
1909 510  / 331 677
1910 560  / 331 732
1911 526  / 342 708
1912 603  / 322 761
1913 512  / 341 698
1914 490  / 263 631
1915 233  / 120 294
1916 278  / 120 318
1917 131  / 70 166
1918 157  / 3 118

Mittlere Spalte: Homosexualität / Sodomie

Am 1. Januar 1872 wurde aus dem exakt ein Jahr zuvor in Kraft getretenen Strafgesetzbuch des Norddeutschen Bundes das Strafgesetzbuch des Deutschen Reichs. Damit war der Beischlaf zwischen Männern auch in Bayern wieder strafbar. Nahezu wortgleich mit seinem preußischen Vorbild aus dem Jahr 1851 bestimmte der neue § 175 des Reichsstrafgesetzbuchs (RStGB):


„Die widernatürliche Unzucht, welche zwischen Personen männlichen Geschlechts oder von Menschen mit Thieren begangen wird, ist mit Gefängniß zu bestrafen; auch kann auf Verlust der bürgerlichen Ehrenrechte erkannt werden.“

Die Mindeststrafe wurde gegenüber § 143 des Strafgesetzbuchs für die Preußischen Staaten von sechs Monaten auf einen Tag reduziert. Der Verlust der bürgerlichen Ehrenrechte konnte u. a. in der Aberkennung des Doktorgrades oder im Entzug des aktiven und passiven Wahlrechts bestehen.




Petition des Wissenschaftlich-humanitären Komitees (1926)


Schon in den 1860er Jahren hatten Einzelpersonen wie Karl Heinrich Ulrichs und Karl Maria Kertbeny erfolglos ihre Stimme gegen den preußischen § 143 erhoben. Im Kaiserreich bildete sich mit dem 1897 gegründeten Wissenschaftlich-humanitären Komitee (WhK) nun eine Honoratioren-Bewegung, die mit der These von der angeborenen Natur der Homosexuellen gegen den § 175 vorzugehen versuchte.


Eine auf dieser Argumentation aufbauende Petition des Arztes und Wissenschaftlich-humanitäres Komitee-Vorsitzenden Magnus Hirschfeld zur Streichung des § 175 schaffte es 1897, 6.000 Unterschriften hinter sich zu versammeln. Ein Jahr später brachte sie der SPD-Vorsitzende August Bebel in den Reichstag ein. Der gewünschte Erfolg blieb jedoch aus. In den Jahren 1907 bis 1909 fanden die aufsehenerregenden Prozesse im Zusammenhang mit der Harden-Eulenburg-Affäre statt. Dies bewirkte ab 1909 bis zum Ersten Weltkrieg einen merklichen Anstieg der Verurteilungen wegen Homosexualität. Gut zehn Jahre nach der Petition von Hirschfeld plante die Regierung, den § 175 auch auf Frauen auszuweiten. In ihrem „Vorentwurf zu einem deutschen Strafgesetzbuch“ (E 1909) hieß es:


„Die Gefahr für das Familienleben und die Jugend ist die gleiche. Daß solche Fälle in der Neuzeit sich mehren, ist glaubwürdig bezeugt. Es liegt daher im Interesse der Sittlichkeit wie der allgemeinen Wohlfahrt, daß die Strafbestimmungen auch auf Frauen ausgedehnt werden.“[5]

Der Entwurf sollte nach den Berechnungen von Experten frühestens 1917 zur Abstimmung in den Reichstag gelangen. Der Erste Weltkrieg und der Untergang des Deutschen Kaiserreichs machten ihn aber zur Makulatur.



Weimarer Republik |















































































































Tabelle 2: Vergehen nach § 175 dStGB (1919–1933)
Jahr

Abgeurteilte
Verurteilte
1919 110  / 10 89
1920 237  / 39 197
1921 485  / 86 425
1922 588  / 7 499
1923 503  / 31 445
1924 850  / 12 696
1925 1225  / 111 1107
1926 1126  / 135 1040
1927 911  / 118 848
1928 731  / 202 804
1929 786  / 223 837
1930 723  / 221 804
1931 618  / 139 665
1932 721  / 204 801

Mittlere Spalte: Homosexualität / Sodomie

Ähnlich wie im Kaiserreich scheiterte in der Weimarer Republik die von den linken Parteien angestrebte Abschaffung des § 175 an den fehlenden Mehrheitsverhältnissen. Durch den aufsehenerregenden Prozess um den Serienmörder Fritz Haarmann im Jahre 1924 stiegen die Fallzahlen und Verurteilungen sprunghaft an und hielten sich dann auf einem höheren Niveau als vor 1914. Andererseits wurde es infolge verschiedener Justizreformen möglich, geringe Gefängnisstrafen in Geldstrafen umzuwandeln oder zur Bewährung auszusetzen, wovon viele Gerichte bei Verurteilungen nach § 175 Gebrauch machten.[6]


1927 verteilte Friedrich Radszuweit einen Aufruf zur Reform des § 175 an die Reichstagsmitglieder.[7] Aussichtsreicher waren dagegen die Pläne einer Mitte-rechts-Regierung im Jahr 1925 zur Verschärfung des § 175. Für diesen neuen Tatbestand sollten nicht mehr nur beischlafähnliche Handlungen relevant sein, sondern auch andere Formen der homosexuellen Betätigung wie beispielsweise gegenseitige Masturbation.


Zur Begründung der beiden neuen Paragraphen beriefen sich die Verfasser auf den Schutz der Volksgesundheit:


„Dabei ist davon auszugehen, daß der deutschen Auffassung die geschlechtliche Beziehung von Mann zu Mann als eine Verirrung erscheint, die geeignet ist, den Charakter zu zerrütten und das sittliche Gefühl zu zerstören. Greift diese Verirrung weiter um sich, so führt sie zur Entartung des Volkes und zum Verfall seiner Kraft.“[8]

Als dieser Entwurf im Jahr 1929 vom Strafrechtsausschuss des deutschen Reichstags diskutiert wurde, gelang es KPD, SPD und DDP zunächst, eine Mehrheit von 15:13 Stimmen gegen den § 296 zu mobilisieren. Dies wäre einer Legalisierung der „einfachen Homosexualität“ unter erwachsenen Männern gleichgekommen. Gleichzeitig wurde aber mit übergroßer Mehrheit – gegen nur drei Stimmen der KPD – die Einführung des neuen § 297 (sogenannte qualifizierte Fälle) beschlossen. Doch auch dieser Teilerfolg, den das sexualreformerische Wissenschaftlich-humanitäre Komitee als „einen Schritt vorwärts und zwei Schritte zurück“ charakterisierte, wurde im März 1930 zunichtegemacht, als der Interparlamentarische Ausschuß für die Rechtsangleichung des Strafrechts zwischen Deutschland und Österreich mit 23:21 Stimmen den § 296 wieder in das Reformpaket aufnahm. Zu dessen Verabschiedung kam es allerdings nicht mehr, da die Präsidialkabinette der frühen 30er Jahre das parlamentarische Gesetzgebungsverfahren weitgehend zum Erliegen brachten.



Nationalsozialismus |




































































Tabelle 3: Verurteilungen nach §§ 175, 175a und b (1933–1943)
Jahr 
  Erwachsene  
 Jugendliche
1933  853 104
1934  948 121
1935 2106 257
1936 5320 481
1937 8271 973
1938 8562 974
1939 8274 689
1940 3773 427
1941 3739 687
1942 3963 nv
1943* 2218 nv

Jugendliche: bis zum 18. Lebensjahr
* 1943: 1. Halbjahr verdoppelt
Quellen: „Statistisches Reichsamt“
und Baumann 1968, S. 61
[9]


Im Jahr 1935 verschärften die Nationalsozialisten den § 175 (Gesetz vom 28. Juni 1935, in Kraft getreten am 1. September 1935): Durch Streichung des Adjektivs „widernatürlich“ wurde die traditionsreiche Beschränkung auf beischlafähnliche Handlungen aufgehoben. Der Straftatbestand galt nun als erfüllt, wenn „objektiv das allgemeine Schamgefühl verletzt und subjektiv die wollüstige Absicht vorhanden war, die Sinneslust eines der beiden Männer oder eines Dritten [zu] erregen“.[10] Dies bedeutete, dass nunmehr jede unzüchtige Handlung zwischen Männern belangt werden konnte, soweit mit ihr eine „wollüstige Absicht“ verknüpft war. Das schloss nicht nur die bislang straffreie wechselseitige Onanie ein. Theoretisch sollte nun bereits das „bloße Anschauen des geliebten Objekts“ oder das „bloße Berühren“ dafür ausreichen, bestraft zu werden. Auch das bisher straffreie „Streicheln, Umarmen, Küssen u. dgl.“ wurde nun mit Gefängnis bedroht.[11]


Darüber hinaus wurde – ähnlich wie bereits 1925 geplant – ein neuer § 175a geschaffen, der sogenannte qualifizierte Fälle als „schwere Unzucht“ mit Zuchthaus zwischen einem und zehn Jahren bestrafte.[1] Hierzu zählten:



  1. mit Gewalt oder durch Gewaltandrohung erzwungene homosexuelle Handlungen (Vergewaltigung),

  2. die Ausnutzung eines Abhängigkeitsverhältnisses,

  3. homosexuelle Handlungen mit Männern unter 21 Jahren und

  4. die männliche Prostitution.


Die „widernatürliche Unzucht mit Tieren“ wurde nach § 175b ausgelagert.


In der amtlichen Begründung wurde die Novellierung des § 175 mit dem Interesse an „der sittlichen Gesunderhaltung des Volkes“ gerechtfertigt, denn „erfahrungsgemäß“ habe Homosexualität die „Neigung zu seuchenartiger Ausbreitung“ und übe „einen verderblichen Einfluß“ auf die „betroffenen Kreise“ aus. Schon kurz nach dem „Röhm-Putsch“ hatte Prof. Wenzeslaus von Gleispach die geplante Verschärfung mit einer drohenden „Verfälschung des öffentlichen Lebens“ begründet und damit Himmlers Bedrohungsszenario, Homosexuelle könnten den nationalsozialistischen ‚Männerstaat‘ unterwandern und zerstören, übernommen: „Durch die Duldung der männlichen Homosexualität würde sich eine Verfälschung der Auffassungen und der Grundlage ergeben, auf der unser ganzes gesellschaftliches Leben ruht. Ein homosexueller Mann kann z. B. in seiner Betätigung im Amt durch Motive beherrscht werden, die nicht vorausgesehen werden können. Er ist sozusagen eine Frau im männlichen Gewand. Daraus entsteht das, was ich als Verfälschung des öffentlichen Lebens bezeichnen möchte.“[12][13]


Tatsächlich war die Novellierung eine Spätfolge des sogenannten Röhm-Putsches, der von den Nationalsozialisten auch dazu genutzt wurde, ihr Ansehen in der wertkonservativen und vor allem katholischen Bevölkerung reinzuwaschen. Denn nach der Ermordung Röhms war die Bahn frei für die von Himmler angestrebte Verfolgungspolitik. Im Dezember 1934 begann die Gestapo in Berlin, Razzien auf Homosexuelle durchzuführen. In den folgenden Monaten wurden hunderte, wahrscheinlich sogar mehrere tausend homosexuelle Männer verhaftet und in die frühen Konzentrationslager Columbiahaus und Lichtenburg deportiert. Doch den meisten verhafteten Homosexuellen konnte man keine strafbaren Handlungen im Sinne des Paragrafen nachweisen, denn dieser kriminalisierte nur „beischlafähnliche Handlungen“, die wechselseitige Onanie war dagegen straffrei. Viele der Verhafteten räumten Letztere bei ihren Vernehmungen ein, bestritten aber weitergehende Handlungen. Juristisch konnte man sie so nicht belangen. Die Verfolgungsmaßnahmen der Gestapo zwangen das Reichsjustizministerium schließlich zum Handeln. Seit März 1935 kam es zu mehreren Treffen, deren Ziel es war, den § 175 zu verschärfen. So erklärt der Geheime Regierungsrat Dr. Leopold Schäfer später, „üble Erfahrungen der letzten Zeit“ hätten es „angezeigt erscheinen lassen, die für die allgemeine Erneuerung des Strafrechts in Aussicht genommenen Verschärfungen der Vorschriften gegen die gleichgeschlechtliche Unzucht zwischen Männern vorweg in Kraft zu setzen“. Der größte „Mangel“ des alten Paragrafen sei es gewesen, dass „nur beischlafähnliche Handlungen getroffen wurden, so dass Staatsanwaltschaft und Polizei gegen offensichtlichen gleichgeschlechtlichen Liebesverkehr zwischen Männern nicht einschreiten konnten, wenn sie solche Handlungen nicht nachweisen konnten“.[14]


Auf eine Kriminalisierung der lesbischen Sexualität wurde bei der Strafrechtsverschärfung von 1935 dagegen ganz bewusst verzichtet. Strafbar war weiterhin nur die männliche Homosexualität und die Unzucht mit Tieren. Dass Frauen in Einzelfällen tatsächlich nach § 175 verurteilt wurden, wie Claudia Schoppmann anmerkt, hatte, anders als sie insinuiert, nichts mit weiblicher Homosexualität zu tun. Denn „eine Frau“ konnte „an der Tat des Mannes als Anstifterin oder Gehilfin teilnehmen“. Möglich war auch eine Verurteilung wegen „Unzucht mit Tieren“, bis 1935 nach § 175, dann nach dem neu geschaffenen § 175b. Schon vor 1933 wurden Frauen regelmäßig nach § 175 verurteilt, wobei die Unzucht mit Tieren die Hauptursache war. Zwischen 1920 und 1930 gingen zehn von insgesamt zwölf Verurteilungen weiblicher Personen darauf zurück. Auch für die Jahre 1933 bis 1943 sind entsprechende Statistiken überliefert: Demnach wurden in dieser Zeit 23 Frauen nach den §§ 175 verurteilt. Darunter waren mindestens acht Fälle von Unzucht mit Tieren, die die Statistik nur für die Jahre 1933 bis 1936 gesondert auswies.[15][16]


Die Verschärfung zog eine Verzehnfachung der Verurteilungen von 801 (1932) auf über 8.000 (1937 und 1938) nach sich. Allein zwischen 1937 und 1939 wurden fast 100.000 Männer in der geheimen „Reichszentrale zur Bekämpfung der Homosexualität und Abtreibung“ erfasst. Insgesamt wurden im Deutschen Reich zwischen 1933 und 1945 knapp 50.000 Männer wegen Homosexualität abgeurteilt. Etwa 5.000–6.000 kamen in ein Konzentrationslager, wo sie durch einen rosa Winkel gekennzeichnet wurden.[17] Die in früheren Forschungsarbeiten vertretene These, dass Homosexuelle besonders häufig denunziert worden seien, wird durch eine neue Forschungsarbeit von Alexander Zinn relativiert. So lassen sich die für die Metropolen Berlin und Hamburg ermittelten Denunziationsquoten von bis zu 40 Prozent nicht auf das gesamte Reichsgebiet übertragen. Realistischer erscheint nach Zinns Ergebnissen eine Denunziationsquote von zehn bis zwanzig Prozent.[18] Gleichwohl kam es offenbar gerade in Großstädten immer wieder auch zu Anzeigen durch Unbeteiligte. So bekam die Gestapo 1938 zum Beispiel folgenden anonymen Brief:




Fernschreiben der Gestapo mit Anordnung der Schutzhaft gegen einen „unverbesserlichen Homosexuellen“


„Wir – ein großer Teil des Künstlerblockes am Barnayweg – bitten dringend, den als Untermieter bei Frau F… wohnenden Herrn B. zu beobachten, der in auffallender Weise täglich jugendliche Burschen bei sich hat. So geht das nicht weiter… Wir bitten herzlichst, die Sache weiter zur Beobachtung zu geben.“[19]

Im Unterschied zur Kriminalpolizei konnte die Gestapo jederzeit Schutzhaft gegen schwule Männer anordnen. Diese Willkürmaßnahme wurde z. B. nach einem Freispruch angewandt oder wenn die bereits verbüßte Haftstrafe als zu milde bewertet wurde. Die Kriminalpolizei verfügte stattdessen über das Mittel der Vorbeugehaft. Hiervon betroffen waren sogenannte gefährliche Sittlichkeits- sowie Berufsverbrecher. Ein Runderlass des Reichssicherheitshauptamtes vom 12. Juli 1940 bestimmte pauschal, „alle Homosexuellen, die mehr als einen Partner verführt haben, nach ihrer Entlassung aus dem Gefängnis in polizeiliche Vorbeugungshaft zu nehmen“. Nur ca. 40 Prozent jener Männer, die aufgrund eines Vorbeugungs- oder Schutzhaftbefehls in ein Konzentrationslager eingewiesen und mit dem grünen oder dem rosa Winkel gekennzeichnet wurden, gelang es, das Lagersystem zu überleben. Einige von ihnen wurden nach ihrer Befreiung durch die Alliierten zurück an ein Gefängnis überstellt, weil sie ihre Freiheitsstrafe nach dem weiterhin gültigen § 175 noch nicht vollständig verbüßt hatten.[20]



Nachkriegszeit |



Entwicklung in der sowjetischen Besatzungszone und der Deutschen Demokratischen Republik |




Für ungültig erklärter OdF-Ausweis; der Magistrat von Ost-Berlin verweigerte Rosa-Winkel-Häftlingen die Anerkennung als „Opfer des Faschismus“


In der Sowjetischen Besatzungszone (SBZ) war die Rechtsentwicklung uneinheitlich. Während die Regierung von Thüringen 1945 eine Abmilderung der §§ 175 und 175a beschloss, die in etwa dem Strafrechtsentwurf von 1925 entsprach, galt in den anderen Ländern die Fassung von 1935 unverändert fort. 1946 riet der Juristische Prüfungsausschuss des Magistrats von Groß-Berlin zwar, den „§ 175 StGB in ein neues Strafrecht nicht zu übernehmen“, diese Empfehlung blieb jedoch folgenlos. Für Sachsen-Anhalt entschied das Oberlandesgericht (OLG) Halle im Jahr 1948, dass die §§ 175 bis 175b typisch nationalsozialistisches Unrecht seien, weil sie eine fortschrittliche Rechtsentwicklung abgebrochen und in ihr Gegenteil verkehrt hätten. Homosexuelle Handlungen seien daher ausschließlich nach dem Strafrecht der Weimarer Republik zu verurteilen.


Ein Jahr nach der Republikgründung von 1949 entschied das Kammergericht Berlin für die gesamte Deutschen Demokratischen Republik, dass der § 175 in der alten, bis 1935 gültigen Fassung anzuwenden sei. Jedoch hielt es im Unterschied zum OLG Halle unverändert am neuen § 175a fest, weil er dem Schutz der Gesellschaft gegen „sozialschädliche homosexuelle Handlungen qualifizierter Art“ diene. 1954 entschied dasselbe Gericht, dass § 175a im Unterschied zu § 175 keine beischlafähnlichen Handlungen voraussetzt. Unzucht sei jede zur Erregung der Geschlechtslust vorgenommene Handlung, „die das Sittlichkeitsgefühl unserer Werktätigen verletzt“.


Durch das Strafrechtsänderungsgesetz von 1957 wurde die Möglichkeit geschaffen, von einer Strafverfolgung abzusehen, wenn eine gesetzwidrige Handlung mangels schädigender Folgen keine Gefahr für die sozialistische Gesellschaft darstellt. Dies setzte den § 175 faktisch außer Kraft, da das Kammergericht Berlin gleichzeitig urteilte, „daß bei allen unter § 175 alter Fassung fallenden Straftaten weitherzig von der Einstellung wegen Geringfügigkeit Gebrauch gemacht werden soll“. Homosexuelle Handlungen unter Erwachsenen blieben daher ab Ende der 50er Jahre straffrei.


1968 gab sich die Deutsche Demokratische Republik ein eigenes Strafgesetzbuch. In ihm bestimmte der neue § 151 StGB-DDR eine Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder Verurteilung auf Bewährung für einen Erwachsenen, der mit einem Jugendlichen gleichen Geschlechts „sexuelle Handlungen vornimmt“. Aufgrund der nicht länger geschlechtsbezogenen Formulierung erfasste das Strafgesetz nun auch Sex zwischen Frauen und Mädchen unter 18 Jahren.


Am 11. August 1987 hob das Oberste Gericht der Deutschen Demokratischen Republik ein Urteil wegen § 151 mit der Begründung auf, dass „Homosexualität ebenso wie Heterosexualität eine Variante des Sexualverhaltens darstellt. Homosexuelle Menschen stehen somit nicht außerhalb der sozialistischen Gesellschaft, und die Bürgerrechte sind ihnen wie allen anderen Bürgern gewährleistet.“ Ein Jahr später strich die Volkskammer der Deutschen Demokratischen Republik in ihrem 5. Strafrechtsänderungsgesetz vom 14. Dezember 1988 den § 151 ersatzlos. Das Gesetz trat am 1. Juli 1989 in Kraft.[21]


Von diesem Zeitpunkt an galt allein § 149 StGB-DDR (Einfacher Missbrauch), der ein einheitliches Schutzalter für homo- und heterosexuelle Handlungen von 16 Jahren vorsah.



Entwicklung in der alten Bundesrepublik |




Statistiken der Verfolgung nach § 175 in der BRD; Nachkriegszeit bis 1994;
Rainer Hoffschildt, Dezember 2016





































































































































































Tab. 4: Verurteilungen nach §§ 175, 175a (1946–1994)

Jahr 

Anzahl
    

Jahr 

Anzahl

1946:
1152

1970:
340

1947:
1344

1971:
372

1948:
1536

1972:
362

1949:
1728

1973:
373

1950:
2158
1974:
235

1951:
2359
1975:
160

1952:
2656
1976:
200

1953:
2592
1977:
191

1954:
2801
1978:
177

1955:
2904
1979:
148

1956:
2993
1980:
164

1957:
3403
1981:
147

1958:
3486

1982:
163

1959:
3804

1983:
178

1960:
3406

1984:
153

1961:
3196
1985:
123

1962:
3098
1986:
118

1963:
2803
1987:
117

1964:
2907
1988:
95

1965:
2538
1989:
95

1966:
2261
1990:
96

1967:
1783
1991:
86

1968:
1727
1992:
77

1969:
894
1993:
76

1994:
44

Quelle: Hoffschildt 2002[22]
* 1946–1949 Komplettschätzung,
angelehnt an den Verlauf um den Ersten Weltkrieg
* Vor 1962 bzw. 1961 sind
West-Berlin und Saarland dabei.
(In früheren Quellen nie berücksichtigt!)
* 1958–1960 Teilschätzung Saarland (≈59)


Schon vor der Gründung der Bundesrepublik hatte in den westlichen Besatzungszonen kaum ein Zweifel an der Fortgeltung der §§ 175 und 175a in ihrer Fassung von 1935 bestanden. 1949 wurde nun auch offiziell alles bis dahin geltende Recht übernommen, „soweit es dem Grundgesetz nicht widerspricht“ (Art. 123 Abs. 1 GG). In einer Reihe von Entscheidungen schloss sich der Bundesgerichtshof hinsichtlich der Auslegung des § 175 der Rechtsprechung der Zeit des Nationalsozialismus an, wonach der Tatbestand der Unzucht keine gegenseitige Berührung voraussetzt. Bestraft werden könne auch gleichzeitige Masturbation oder der Zuschauer beim Triolenverkehr. Allerdings wurde aus dem Merkmal „Treiben“ abgeleitet, dass das Handeln „stets eine gewisse Stärke und Dauer haben“ müsse. Auf dieser Grundlage kam es zwischen 1950 und 1969 zu mehr als 100.000 Ermittlungsverfahren und etwa 50.000 rechtskräftigen Verurteilungen.


Während einige Richter große Bedenken hatten, den ihrem Rechtsempfinden widersprechenden § 175 anzuwenden – so verurteilte 1951 das Landgericht Hamburg zwei homosexuelle Männer lediglich zu einer Ersatzgeldstrafe von 3 DM –, legten andere besonderen Ehrgeiz bei der Strafverfolgung an den Tag. Eine Verhaftungs- und Prozesswelle in Frankfurt am Main zeigte 1950/51 erschütternde Folgen:


„Ein Neunzehnjähriger springt vom Goetheturm, nachdem er eine gerichtliche Vorladung erhalten hat, ein anderer flieht nach Südamerika, ein weiterer in die Schweiz, ein Zahntechniker und sein Freund vergiften sich mit Leuchtgas. Insgesamt werden sechs Selbstmorde bekannt. Viele der Beschuldigten verlieren ihre Stellung.“[23]

Im September 1951 brachte der Bonner Amtsgerichtsrat Richard Gatzweiler im römisch-katholischen Volkswartbund sein erstes Pamphlet zum Thema Homosexualität heraus, in dem er quasi eine Verschärfung der Vorgehensweise und die Strafbarkeit weiblicher Homosexualität forderte. Mit der biblischen Metapher „Was soll man aber mit einem Baum tun, dem die Fruchtbarkeit versagt ist?“ und anderen Aussagen näherte er sich dem nationalsozialistischen Sprach- und Argumentationsgebrauch. Auch hielt er die Suizide im Zuge der Frankfurter Ermittlungen letzten Endes für durchaus gerechtfertigt und wünschenswert.[24] Viele kirchliche Gemeindeblätter verbreiteten seine Ideen.[25] Im selben Monat sprach sich beim 39. Deutschen Juristentag in Stuttgart eine knappe Mehrheit (14:11 Stimmberechtigte bei 300 Teilnehmern) für Straflosigkeit nach § 175 und für eine Neufassung des § 175a aus.[25]


1952 bzw. 1954 reichten zwei Männer Verfassungsbeschwerde ein mit der Begründung, die §§ 175 und 175a seien schon allein deshalb nichtig, weil sie auf der Grundlage des Ermächtigungsgesetzes erlassen worden seien. Außerdem verstießen sie gegen den Grundsatz der Gleichbehandlung der Geschlechter (Art. 3 Abs. 2 und 3 GG) und das Grundrecht auf freie Entfaltung der Persönlichkeit (Art. 2 Abs. 1 GG). Am 10. Mai 1957 wies das Bundesverfassungsgericht die Beschwerde zurück.[26] Die beiden Strafbestimmungen seien „formell ordnungsgemäß erlassen“ worden und „nicht in dem Maße ‚nationalsozialistisch geprägtes Recht‘“, dass ihnen „in einem freiheitlich-demokratischen Staate die Geltung versagt werden müsse“. Die unterschiedliche Behandlung männlicher und weiblicher Homosexualität wurde auf biologische Gegebenheiten und das „hemmungslose Sexualbedürfnis“ des homosexuellen Mannes zurückgeführt. Als zu schützendes Rechtsgut wurden „die sittlichen Anschauungen des Volkes“ genannt, die sich maßgeblich aus den Lehren der „beiden großen christlichen Konfessionen“ speisten.


Ein 1962 (damals regierte das Kabinett Adenauer IV unter Konrad Adenauer) vorgelegter Regierungsentwurf eines Strafgesetzes für die Bundesrepublik Deutschland[27] rechtfertigte – entgegen dem Vorschlag der Großen Strafrechtskommission von 1959 (wo Vertreter von CDU/CSU selten anwesend waren)[28] – die Beibehaltung des § 175 wie folgt:


„Vor allem stände auch für die Homosexuellen nichts im Wege, ihre nähere Umgebung durch Zusammenleben in eheähnlichen Verhältnissen zu belästigen.[29] […] Ausgeprägter als in anderen Bereichen hat die Rechtsordnung gegenüber der männlichen Homosexualität die Aufgabe, durch die sittenbildende Kraft des Strafgesetzes einen Damm gegen die Ausbreitung eines lasterhaften Treibens zu errichten, das, wenn es um sich griffe, eine schwere Gefahr für eine gesunde und natürliche Lebensordnung im Volke bedeuten würde.“[30]

und meinte weiterhin:


„Die von interessierten Kreisen in den letzten Jahrzehnten wiederholt aufgestellte Behauptung, dass es sich bei dem gleichgeschlechtlichen Verkehr um einen natürlichen und deshalb nicht anstößigen Trieb handele, kann nur als Zweckbehauptung zurückgewiesen werden. […] Wo die gleichgeschlechtliche Unzucht um sich gegriffen und großen Umfang angenommen hat, war die Entartung des Volkes und der Verfall seiner sittlichen Kraft die Folge.“[31]

Ab 1965 zeichnete sich der allgemeine Wertewandel in der Gesellschaft auch zunehmend in der Statistik der Verurteilungen durch sinkende Zahlen ab. Auch die Verhaftung (1966) von und der Prozess (1967) gegen Jürgen Bartsch hinterließen keine sichtbaren Spuren in der Statistik, im Gegensatz zu Haarmann, dessen Opfer auch älter waren.
Durch das 1. StrRG vom 25. Juni 1969 wurde kurz vor Ende der Großen Koalition von Bundeskanzler Kiesinger der § 175 reformiert, indem das Totalverbot aufgehoben wurde und nur noch die qualifizierten Fälle (Sex mit einem Unter-21-Jährigen, homosexuelle Prostitution und Ausnutzung eines Dienst-, Arbeits- oder Unterordnungsverhältnisses) erhalten blieben, die vorher durch § 175a geregelt worden waren. Wie dieser entfiel nun auch § 175b (Sodomie). Die Änderungen traten am 1. September 1969 in Kraft, weshalb die Zeit bis zum Aufkommen der heutigen Schwulenbewegung ab 1970 (Gründung der „Homosexuellen Aktionsgruppe Bochum“ (HAG)) auch „Nachseptember“ genannt wird.[32][33] Die Änderung führte jedoch zu merkwürdigen Fallgruppen: Waren beide über 21 (damals Alter der Volljährigkeit) oder unter 18 Jahre alt, so war es straffrei. War einer über 21, der andere unter 21 Jahre, so wurde nur der Ältere bestraft. Waren beide zwischen 18 und 21 Jahre alt, so machten sie sich jedoch beide strafbar. Das Gericht konnte für unter 21-Jährige von einer Strafe absehen, was die Lage entschärfte.





„Man male sich die Folgen aus: Zwei gleichaltrige Freunde dürfen gleichgeschlechtliche Beziehungen miteinander pflegen, bis sie achtzehn Jahre alt werden, dann müssen sie drei Jahre pausieren, und nach Vollendung des 21. Lebensjahres dürfen sie ihre Beziehungen wieder aufnehmen. […] Man darf vermuten, dass der Gesetzgeber auf kaltem Wege das heiß umstrittene Sonderrecht für die Bundeswehr einschmuggeln wollte. So aber geht es nicht.“




Helmut Ostermeyer: Bielefelder Richter, 1969[34]


Am 23. November 1973 führte das Kabinett Brandt II (eine sozialliberale Koalition) eine umfassende Reform des Sexualstrafrechts durch. Der entsprechende Abschnitt im StGB wurde von „Verbrechen und Vergehen wider die Sittlichkeit“ in „Straftaten gegen die sexuelle Selbstbestimmung“ umbenannt. Ebenso wurde der Begriff der Unzucht durch den der „sexuellen Handlungen“ ersetzt. Im § 175 blieb nur noch der Sex mit Minderjährigen als qualifizierendes Merkmal zurück, wobei man das sogenannte Schutzalter von 21 auf 18 Jahre absenkte. Am 2. Oktober 1973 bestätigte das Bundesverfassungsgericht in einem Beschluss diese Fassung als verfassungskonform.[35] Ab 1975 kam es jährlich nur mehr zu maximal 200 Verurteilungen.


Sexuelle Kontakte zwischen Frauen fanden im Strafgesetz keine Erwähnung. Für Mädchen galt ein Schutzalter von 14 Jahren. Mit dem damaligen § 182 konnte auf Antrag eines Erziehungsberechtigten die Verführung eines Mädchens zwischen Jahren 14 und 16 durch einen Mann zum Beischlaf geahndet werden. War der Mann noch nicht 21 Jahre alt, konnte das Gericht von Strafe absehen.


In der Kommentierung zu § 175 wurde ab 1973 bis in die 80er Jahre als zu schützendes Rechtsgut die ungestörte sexuelle Entwicklung des männlichen Jugendlichen angegeben.[36] Dies entsprach auch der Begründung der Bundesregierung im Entwurf des Vierten Gesetzes zur Reform des Strafrechts (4. StrRG).[37] Seitens des Gesetzgebers ging man folglich davon aus, dass der männliche Jugendliche einen bleibenden Schaden erleiden könne, wenn er sexuellen Kontakt zu einem Mann hat, selbst dann, wenn dies in beiderseitigem, vollen Einvernehmen geschieht. Dieser Denkansatz entsprach der sogenannten Prägungs- bzw. Verführungstheorie, wonach sich Homosexualität auch dadurch spontan verbreite, dass Jugendliche von Erwachsenen verführt werden.[38]


Das Wahlprogramm der FDP zur Bundestagswahl 1980 forderte, „um Homosexuelle rechtlich und gesellschaftlich gleichzustellen“, „§ 175 zu streichen. Für den Schutz von Kindern und Abhängigen reichen die übrigen Strafbestimmungen aus.“[39] Die FDP konnte diese Forderung in den Verhandlungen zur Regierungsbildung (Kabinett Schmidt III) nicht durchsetzen.[40][41][42]


Am 9. März 1989 brachten 40 Abgeordnete und die Fraktion Die Grünen einen Gesetzentwurf zur ersatzlosen Streichung des §§ 175 StGB im Deutschen Bundestag ein,[43] der jedoch sowohl von der Regierungskoalition aus CDU und FDP als auch von der SPD abgelehnt wurde.



Entwicklungen nach 1990 |



Streichung des § 175 |


Die deutsche Wiedervereinigung änderte zunächst nichts an der unterschiedlichen Behandlung der Homosexualität in Ost und West. Der Einigungsvertrag setzte zwar das Bundes-StGB im Beitrittsgebiet in Kraft, jedoch mit der Maßgabe, dass u. a. §§ 175, 182 und 236 (Entführung mit Willen der Entführten) nicht anzuwenden seien (Anlage I Kap. III Sachgebiet C Abschnitt III Nr. 1)[44] und u. a. §§ 149, 153–155 StGB-DDR in Kraft blieben (Anlage II Kap. III Sachgebiet C Abschnitt I Nr. 1).[45] Im Jahr 1994 beschloss der Bundestag mit dem 29. Strafrechtsänderungsgesetz vom 31. Mai 1994 die ersatzlose Aufhebung des § 175 StGB. Das absolute Schutzalter für sexuelle Handlungen wurde einheitlich auf 14 Jahre festgelegt (Sexueller Missbrauch von Kindern, § 176 StGB); zusätzlich wurde für besondere Fälle der Sexueller Missbrauch von Jugendlichen (§ 182 StGB) mit einem relativen Schutzalter von 16 Jahren ausgeweitet und geschlechtsneutral formuliert. Ein Verstoß gegen § 182 Abs. 3 StGB wird gemäß § 182 Abs. 5 StGB im Gegensatz zu einem Verstoß gegen § 176 StGB grundsätzlich nur auf Antrag verfolgt (relatives Antragsdelikt), es sei denn, dass die Staatsanwaltschaft ein besonderes öffentliches Interesse an der Strafverfolgung als gegeben ansieht.


Gemäß § 182 Abs. 4 StGB kann das Gericht von Strafe absehen, wenn das Unrecht der Tat als gering eingeschätzt wird. Als problematisch gilt die Fülle unbestimmter Rechtsbegriffe im § 182 StGB, die der Rechtssicherheit abträglich sein könnte. Ähnlich wie beim § 207b des österreichischen Strafgesetzbuches wird von vielen die Gefahr gesehen, dass vom sozialen Umfeld unerwünschte Beziehungen hiermit kriminalisiert werden könnten. In Österreich wurde mit der Streichung des dortigen § 209 StGB und der Einführung des § 207b öStGB eine analoge Entwicklung vollzogen.



Teilweise Rehabilitierung der Verurteilten |


Symbolisch auf den 17. Mai (Zahlenspiel: 17.5.) gelegt, beschloss der Bundestag im Jahr 2002 gegen Stimmen von CDU/CSU und FDP eine Ergänzung zum Gesetz zur Aufhebung nationalsozialistischer Unrechtsurteile in der Strafrechtspflege (BGBl. 2002 I S. 2714).[46][47] Damit wurden Verurteilungen wegen homosexueller Handlungen und wegen Fahnenflucht in der Zeit des Nationalsozialismus für nichtig erklärt. Die Lesben- und Schwulenbewegung kritisierte, dass der Bundestag die Urteile nach 1945 unangetastet ließ, obwohl die Rechtsgrundlage bis 1969 die gleiche war.


Anträge, der Bundestag möge hinsichtlich dieser Urteile die Bundesregierung zur Vorlage eines Gesetzentwurfs für ihre Aufhebung und die Entschädigung der Verurteilten auffordern, welche die Bundestagsfraktion Bündnis 90/Die Grünen und die Linksfraktion 2008/09 im Bundestag einbrachten, wurden von diesem am 6. Mai 2009 mit den Stimmen der Regierungsparteien und der FDP abgelehnt.[48][49] Am 12. Oktober 2012 beschloss nunmehr jedoch der Bundesrat auf Antrag der Länder Berlin, Brandenburg, Hamburg und Nordrhein-Westfalen eine Aufforderung an die Bundesregierung, „Maßnahmen zur Rehabilitierung und Unterstützung für die nach 1945 in beiden deutschen Staaten wegen einvernehmlicher homosexueller Handlungen Verurteilten vorzuschlagen.“[50] Die Bundesregierung griff das Thema jedoch zunächst nicht mehr auf,[51] und der Bundestag lehnte die im selben Zeitraum eingereichten Anträge der Bundestagsfraktion Bündnis 90/Die Grünen[52][53] und der Linksfraktion ab.[54]



Rehabilitierung weiterer Verurteilter: Gesetz von 2017 |


Am 22. März 2017 beschloss das Bundeskabinett einen Gesetzentwurf zur Aufhebung der Urteile, die aufgrund des § 175 StGB gefällt wurden, und zur Entschädigung der noch lebenden Verurteilten.[55] Der Gesetzentwurf wurde am 22. Juni 2017 in zweiter und dritter Beratung im Bundestag verabschiedet. Rehabilitiert wurden auf Drängen der CDU lediglich jene Delinquenten, deren Sexualpartner seinerzeit mindestens 16 Jahre alt gewesen waren. Die Einschränkung wurde in der SPD kritisiert, da die ursprünglich vorgesehene Altersgrenze dem geltenden allgemeinen Schutzalter von 14 Jahren entsprochen hatte, jedoch stimmte die Fraktion dem Gesetzentwurf zu.


Das Gesetz zur strafrechtlichen Rehabilitierung der nach dem 8. Mai 1945 wegen einvernehmlicher homosexueller Handlungen verurteilten Personen (StrRehaHomG) trat am 22. Juli 2017 in Kraft.[56]


Das Bundesjustizministerium schätzte Mitte 2017 die Zahl der noch lebenden Opfer der Strafnorm auf rund 5000. Sie sollen mit 3000 Euro pro Urteil und 1500 Euro pro angefangenem Jahr eines Freiheitsentzugs entschädigt werden.[57] Zum Vergleich: Nach dem Gesetz über die Entschädigung für Strafverfolgungsmaßnahmen erhalten zu Unrecht Inhaftierte (seit 2009) eine Haftentschädigung von 25 € pro Tag, also rund 9100 € pro vollem Jahr.



Grafische Darstellung der Statistik |




1.: 1902–1918, 2.: 1919–1933, 3.: 1933–1941, 4.: 1950–1987





















Verurteilungen nach § 175, 1902–1987
Zeitraum Homosexualität
Sodomie
Epoche Besonderes Ereignis
1902–1918 H & S 1907–1909 Harden-Eulenburg-Affäre
1914–1918 Erster Weltkrieg
1919–1933 H & S Weimarer Republik 1924 Fritz Haarmann
1933–1941 H & S „Drittes Reich“ 1935 Verschärfung
1950–1969 H Nur Bundesrepublik 1957 Abweisung Verfassungsbeschwerde
1965 Gesellschaftlicher Wertewandel (z. B. Zweites Vatikanisches Konzil, Pillenknick, 68er-Bewegung)
1970–1987 H Nur Bundesrepublik Nur mehr männliche Erwachsene mit männlichen Jugendlichen





Aburteilungen und Verurteilungen nach § 175, 1902–1932

  • Verurteilte wegen Homosexualität und Sodomie

  • Abgeurteilte (Verurteilung, Einstellung, Freispruch, etc.) wegen Homosexualität

  • Abgeurteilte (Verurteilung, Einstellung, Freispruch, etc.) wegen Sodomie

  • Summe der Abgeurteilten wegen Homosexualität und Sodomie





  • Wortlaut der Fassungen des § 175 und der Vorbestimmungen |



    Constitutio Criminalis Carolina von 1532 |



    Straff der vnkeusch, so wider die natur beschicht[58]

    116.

    Item so eyn mensch mit eynem vihe, mann mit mann, weib mit weib, vnkeusch treiben, die haben auch das leben verwürckt, vnd man soll sie der gemeynen gewonheyt nach mit dem fewer vom leben zum todt richten.



     Wikisource: Keyser Karls des fünfften: vnnd des heyligen Römischen Reichs peinlich gerichts ordnung – Quellen und Volltexte


    Allgemeines Landrecht für die Preußischen Staaten vom 5. Februar 1794 |



    Zweyter Theil[59]
    Zwanzigster Titel. Von den Verbrechen und deren Strafen. (§§ 1–1577)
    Zwölfter Abschnitt: Von fleischlichen Verbrechen (§§ 992 ff.). Unnatürliche Sünden.



    § 1069. Sodomiterey und andre dergleichen unnatürliche Sünden, welche wegen ihrer Abscheulichkeit hier nicht genannt werden können, erfordern eine gänzliche Vertilgung des Andenkens.

    § 1070. Es soll daher ein solcher Verbrecher, nachdem er ein- oder mehrjährige Zuchthausstrafe mit Willkommen und Abschied ausgestanden hat, aus dem Orte seines Aufenthalts, wo sein Laster bekannt geworden ist, auf immer verbannt, und das etwa gemißbrauchte Thier getödtet, oder heimlich aus der Gegend entfernt werden.

    § 1071. Wer jemanden zu dergleichen unnatürlichen Lastern verführt und mißbraucht, der ist doppelter Strafe schuldig.

    § 1072. Machen sich Aeltern, Vormünder, Lehrer oder Erzieher dieses Verbrechens schuldig: so soll gegen dieselben vier- bis achtjährige Zuchthausstrafe mit Willkommen und Abschied statt finden.



    Strafgesetzbuch für die Preußischen Staaten vom 14. April 1851 |



    Zweiter Theil.
    Von den einzelnen Verbrechen und Vergehen und deren Bestrafung
    Zwölfter Titel. Verbrechen und Vergehen gegen die Sittlichkeit (§§. 139 bis 151)



    § 143 [60]

    Die widernatürliche Unzucht59), welche zwischen Personen männlichen Geschlechts oder von Menschen mit Thieren verübt wird, ist mit Gefängniß von sechs Monaten bis zu vier Jahren, sowie mit zeitiger Untersagung der Ausübung der bürgerlichen Ehrenrechte zu bestrafen.


    Inkrafttreten: 1. Juli 1851; Stand: 30. April 1856



    Erläuterungen dazu (1864) |



    59) Darunter ist die Sodomie gemeint. Dies ist jede Wollustbefriedigung, außer dem natürlichen Beischlafe zwischen Mann und Frau hervorgebracht. Der Begriff ist von Juristen gebildet; der Name ist genommen von Sodom und Gomorra, welche dieser Laster wegen zerstört wurden. Bei den Römern findet sich ein lex Catinia, von der nur das bekannt, daß sie gegen unnatürliche Fleischesverbrechen gerichtet war; alles nähere ist unbekannt, selbst der Name ist ungewiß. Die lex Jul. de adult. hat dieses Verbrechen nur höchste beschränkt aufgefaßt, nämlich nur von dem, was an einem Knaben von guter Familie verübt war. Wurde Gewalt an einem Manne in dieser Absicht gebraucht, so war die That unerlaubte Gewalt (vis). L. 5 D. de vi publ. Eine rechte Strafsanktion gegen dieses Verbrechen finden wir also im R. R. nicht, vielmehr finden wir dasselbe ungerügt. Erst seit konstantin ist gegen unnatürliche Wollustbefriedigung das Schwert verordnet. L. 31 C. ad I. Jul. de adult. Justitians Novelle 77 droht ebenfalls ultima supplicia. – Das kan. R. bestimmt Kirchenstrafen. Die P. G.O. Art. 116 hebt nur drei Arten der unnatürlichen Wollustbefriedigung hervor: mit einem thiere; mit einem Manne; Weib mit Weibe; und droht Feuerstrafe. Die deutsche Praxis dehnt aber diese Bestimmung auch auf andere Fälle aus und unterscheidet so sodomia propria und impropria; strafte aber die Fälle der letzteren nur willkürlich. Der §. 143 hat den dritten Fall der P. G.O. nicht aufgenommen und die Praxis nimmt an, daß auch die s. impropia nicht unter die Strafbestimmung falle. „Unter widernatürlicher Unzucht im Sinne des §. 143 ist die eigentliche Sodomie (sodomia propria) in ihren beiden Formen zu verstehen, nicht andere derartige Handlungen, namentlich nicht gegenseitige Onanie zwischen Personen männlichen Geschlechts.“ Br. des Obertr., S. f. Str.G., Nr. 48, vom 1. Juli 1853. (Entsch. Band XXVI, S. 403.)[60]


    Fassung vom 15. Mai 1871 (Verkündung) |



    § 175


    Die widernatürliche Unzucht, welche zwischen Personen männlichen Geschlechts oder von Menschen mit Thieren begangen wird ist mit Gefängniß zu bestrafen; auch kann auf Verlust der bürgerlichen Ehrenrechte erkannt werden.[61]



     Wikisource: Strafgesetzbuch für den Norddeutschen Bund 1870 (Fassung vom 31. Mai 1870; Bekanntmachung: 8. Juni 1870) – Quellen und Volltexte

    (Digitalisat und Volltext im Deutschen Textarchiv)



     Wikisource: Strafgesetzbuch 1871 (Fassung vom 15. Mai 1871; Bekanntmachung: 14. Juni 1871) – Quellen und Volltexte


     Wikisource: Strafgesetzbuch 1876 (Fassung vom 26. Februar 1876; Bekanntmachung: 6. März 1876) – Quellen und Volltexte


    Juristische Erläuterungen dazu (1913) |



    1. Sog. Päderastie, Bestialität, Sodomie; nicht die Tribadie (Unzucht zwischen Frauen)

    2. Die widernatürliche Unzucht erfordert einen dem natürlichen Beischlaf ähnlichen Vorgang; immer muß das entblößte Glied des einen Täters den Körper des anderen berührt haben; dies braucht nicht entblößt gewesen zu sein.

    3. Unter § 175 fällt auch, wer den Geschlechtsteil eines anderen in den Mund nimmt, nicht wechselseitige Onanie.

    4. Es genügt, wenn einer der beiden die Befriedigung des Geschlechtstriebes anstrebt; doch ist auch der andere als Täter, nicht nur als Gehilfe strafbar. Die Befriedigung braucht nicht eingetreten zu sein, daß beide vorsätzlich gehandelt haben, ist nicht erfordert.

    5. Auch bei der sodomia tarione generis ist ein beischlafähnlicher Akt erforderlich, daher nicht genügend, daß sich eine Frau den Geschlechtsteil von einem Hunde belecken laßt.

    6. Idealkonkurrenz mit §§ 173, 174, 176, 178 möglich


    7. Zuständig: Strafkammer[62]



    Fassung vom 1. September 1935 |




    § 175[63]

    (1) Ein Mann, der mit einem anderen Mann Unzucht treibt oder sich von ihm zur Unzucht mißbrauchen läßt, wird mit Gefängnis bestraft.


    (2) Bei einem Beteiligten, der zu Zeit der Tat noch nicht einundzwanzig Jahre alt war, kann das Gericht in besonders leichten Fällen von Strafe absehen.


    § 175a

    Mit Zuchthaus bis zu zehn Jahren, bei mildernden Umständen mit Gefängnis nicht unter drei Monaten wird bestraft:

    1. ein Mann, der einen anderen Mann mit Gewalt oder durch Drohung mit gegenwärtiger Gefahr für Leib oder Leben nötigt, mit ihm Unzucht zu treiben, oder sich von ihm zur Unzucht mißbrauchen zu lassen;

    2. ein Mann, der einen anderen Mann unter Mißbrauch einer durch ein Dienst-, Arbeits- oder Unterordnungsverhältnis begründeten Abhängigkeit bestimmt, mit ihm Unzucht zu treiben oder sich von ihm zur Unzucht mißbrauchen zu lassen;

    3. ein Mann über einundzwanzig Jahre, der eine männliche Person unter einundzwanzig Jahren verführt, mit ihm Unzucht zu treiben oder sich von ihm zur Unzucht mißbrauchen zu lassen;

    4. ein Mann, der gewerbsmäßig mit Männern Unzucht treibt oder von Männern sich zur Unzucht mißbrauchen läßt oder sich dazu anbietet.



    § 175b

    Die widernatürliche Unzucht, welche von Menschen mit Tieren begangen wird, ist mit Gefängnis zu bestrafen; auch kann auf Verlust der bürgerlichen Ehrenrechte erkannt werden.



    Fassung ab 1949 (DDR) |




    § 175 – Widernatürliche Unzucht[64]

    Die widernatürliche Unzucht, welche zwischen Personen männlichen Geschlechts oder von Menschen mit Tieren begangen wird, ist mit Gefängnis zu bestrafen; auch kann auf Verlust der bürgerlichen Ehrenrechte erkannt werden.



    § 175 a – Schwere Unzucht zwischen Männern

    Mit Zuchthaus bis zu 10 Jahren, bei mildernden Umständen mit Gefängnis nicht unter 3 Monaten wird bestraft,

    1. ein Mann, der einen anderen Mann mit Gewalt oder durch Drohung mit gegenwärtiger Gefahr für Leib und Leben nötigt, mit ihm Unzucht zu treiben oder sich mit ihm zur Unzucht missbrauchen zu lassen;

    2. ein Mann, der einen anderen Mann unter Mißbrauch einer durch ein Dienst-, Arbeits- oder Unterordnungsverhältnis begründeten Abhängigkeit bestimmt, mit ihm Unzucht zu treiben oder sich von ihm zur Unzucht missbrauchen zu lassen;

    3. ein Mann über einundzwanzig Jahren, der eine männliche Person unter einundzwanzig Jahren verführt, mit ihm Unzucht zu treiben oder sich von ihm zur Unzucht missbrauchen zu lassen;

    4. ein Mann, der gewerbsmäßig mit Männern Unzucht treibt oder von Männern sich zur Unzucht missbrauchen läßt oder sich dazu anbietet.



    Fassung ab 1968 (DDR, § 151) |




    § 151[65]

    Ein Erwachsener, der mit einem Jugendlichen gleichen Geschlechts sexuelle Handlungen vornimmt, wird mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit Verurteilung auf Bewährung bestraft.



    Fassung vom 25. Juni 1969 (Bundesrepublik) |



    § 175 Unzucht zwischen Männern

    (1) Mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren wird bestraft:

    1. ein Mann über achtzehn Jahre, der mit einem anderen Mann unter einundzwanzig Jahren Unzucht treibt oder sich von ihm zur Unzucht mißbrauchen läßt,

    2. ein Mann, der einen anderen Mann unter Mißbrauch einer durch ein Dienst-, Arbeits- oder Unterordnungsverhältnis begründeten Abhängigkeit bestimmt, mit ihm Unzucht zu treiben oder sich von ihm zur Unzucht mißbrauchen zu lassen,

    3. ein Mann, der gewerbsmäßig mit Männern Unzucht treibt oder von Männern sich zur Unzucht mißbrauchen läßt oder sich dazu anbietet.


    (2) In den Fällen des Absatzes 1 Nr. 2 ist der Versuch strafbar.

    (3) Bei einem Beteiligten, der zur Zeit der Tat noch nicht 21 Jahre alt war, kann das Gericht von Strafe absehen.


    § 175b

    (aufgehoben)



    Fassung vom 28. November 1973 (Bundesrepublik) |



    § 175 Homosexuelle Handlungen

    (1) Ein Mann über achtzehn Jahren, der sexuelle Handlungen an einem Mann unter 18 Jahren vornimmt oder von einem Mann unter 18 Jahren an sich vornehmen läßt, wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.



    (2) Das Gericht kann von einer Bestrafung nach dieser Vorschrift absehen, wenn

    1. der Täter zur Zeit der Tat noch nicht einundzwanzig Jahre alt war oder

    2. bei Berücksichtigung des Verhaltens desjenigen, gegen den die Tat sich richtet, das Unrecht der Tat gering ist.



    Fassung vom 10. März 1994 |



    § 175

    (aufgehoben)



    Neubekanntmachung des StGB vom 13. November 1998 |



    § 175

    (weggefallen)



    Chronologischer Überblick |










































































































































































    Datum Ereignis

    59285948800  1532
    Constitutio Criminalis Carolina (§ 116; Beginn der zivilen Strafbarkeit)

    6943134832505. Feb. 1794
    Verkündung des Allgemeinen Landrechts für die preußischen Staaten (§§ 1069–1072)

    6944288342501. Juni 1794
    Inkrafttreten des Allgemeines Landrecht für die preußischen Staaten (§§ 1069–1072, subsidiär)

    0 Vorlage:Dtsx/Wartung?
    Homosexualität wird durch den Code Pénal in Frankreich und danach in einigen beeinflussten Gebieten straffrei

    70160199200  1813
    Homosexualität wird in Bayern straffrei

    7164394795014. Apr. 1851
    Verkündung des Preußischen Strafgesetzbuchs (PStGB, § 143)

    7165166902501. Juli 1851
    Inkrafttreten des Preußischen Strafgesetzbuchs (PStGB, § 143)

    7238377577531. Mai 1870
    Verkündung des Strafgesetzbuchs für den Norddeutschen Bund (§ 152)

    7240777622501. Jan. 1871
    Inkrafttreten des Strafgesetzbuchs für den Norddeutschen Bund (§ 152)

    7242098577515. Mai 1871
    Verkündung des Reichsstrafgesetzbuchs (RStGB, § 175)

    7244647462501. Jan. 1872
    Inkrafttreten des Reichststrafgesetzbuches (RStGB, § 175) in allen Reichsteilen

    7490186950028. Juni 1935
    Beschluss der Verschärfung des § 175 sowie der neuen § 175a und § 175b durch die Nationalsozialisten

    7490828822501. Sep. 1935
    Inkrafttreten der Verschärfung durch die Nationalsozialisten

    DDR

    00000000000  
    bis 1949 uneinheitliche Entwicklung in der Sowjetischen Besatzungszone (SBZ)

    75268388000  1945
    SBZ Thüringen: Abmilderung etwa auf den Entwurf von 1925

    75384483200  1948
    SBZ Sachsen-Anhalt: Abmilderung auf die Version der Weimarer Republik

    75423181600  1949
    Fassung für die gesamte DDR, § 175 enthält wieder Sodomie, § 175b ist aufgehoben

    75461880000  1950
    Kammergericht Berlin für die ganze DDR: Fassung von 1872 ist gültig, aber mit § 175a von 1935

    75616673600  1954
    Kammergericht Berlin für die ganze DDR: Für § 175a sind keine beischlafähnlichen Handlungen notwendig

    75732768800  1957
    Strafrechtsänderungsgesetz erlaubt Nachsicht, wenn es keine Gefahr für die sozialistische Gesellschaft darstellt

    75732768800  1957
    Kammergericht Berlin für die ganze DDR: Bei gewöhnlichem § 175 Einstellung wegen Geringfügigkeit

    7616254430012. Jan. 1968
    Beschluss des Strafgesetzbuchs der DDR (StGB-DDR, § 151): Nur mehr Erwachsene mit Jugendlichen (jetzt bis 18) strafbar, sowohl bei Schwulen und Lesben

    76158451200  1968
    Inkrafttreten des Strafgesetzbuchs der DDR (StGB-DDR, § 151)

    7691855847511. Aug. 1987
    Oberstes Gericht der DDR hebt § 151 auf

    76932419200  1988
    Beschluss des Strafrechtsänderungsgesetzes: § 151 wird ersatzlos gestrichen, Einheitliches Schutzalter bei 16 Jahren

    7698879235030. Mai 1989
    Inkrafttreten des Strafrechtsänderungsgesetzes

    Bundesrepublik Deutschland bis zur Wiedervereinigung

    75423181600  1949
    § 175 und § 175a in der Fassung von 1935 offiziell übernommen

    75655372000  1955
    Einreichung einer Verfassungsbeschwerde gegen § 175 und § 175a

    7574858305010. Mai 1957
    Bundesverfassungsgericht weist die Beschwerde zurück, Fassung von 1935 ist kein nationalsozialistisch geprägtes Recht

    7621733602525. Juni 1969
    Verkündung des 1. StrRG: Nur mehr strafbar bei Erwachsenen mit unter 21-Jährigen, Prostitution und verschiedenen Autoritätsverhältnissen

    7622403382501. Sep. 1969
    Inkrafttreten des 1. StrRG

    7638682757523. Nov. 1973
    Reform des Sexualstrafrechts: Unzucht → Sexuelle Handlungen, nur mehr Erwachsene mit Jugendlichen (jetzt bis 18) strafbar

    Deutschland seit der Wiedervereinigung 1990

    7717447025010. Mär. 1994
    Verabschiedung des 29. Strafrechtsänderungsgesetzes (29. StrÄndG) im Deutschen Bundestag:[66] Aufhebung des § 175, Rechtsangleich Bundesrepublik/DDR

    7718237737531. Mai 1994
    Ausfertigung des 29. StrÄndG

    7718340065010. Juni 1994
    Verkündung des 29. StrÄndG;[67] Inkrafttreten am folgenden Tag

    7749066222517. Mai 2002
    Verabschiedung des Gesetzes zur Änderung des Gesetzes zur Aufhebung nationalsozialistischer Unrechtsurteile in der Strafrechtspflege (NS-AufhGÄndG) im Deutschen Bundestag:[47]

    Symbolische Rehabilitierung der Verurteilten zwischen 1935 und 1945



    7749717397523. Juli 2002
    Ausfertigung des NS-AufhGÄndG

    7749745305026. Juli 2002
    Verkündung des NS-AufhGÄndG;[68] Inkrafttreten am folgenden Tag

    7806574277523. Mär. 2017
    Zusicherung der Entschädigung für noch lebende Verurteilte nach § 175 durch Bundeskabinett[69]

    7807467317523. Juni 2017
    Rehabilitierung aller Verurteilten, deren Sexualpartner zum Tatzeitpunkt mindestens 16 Jahre alt waren[57]


    Siehe auch |



    • Rosa Liste

    • Gesetze zur Homosexualität

    • Homosexualität in der Zeit des Nationalsozialismus

    • artikeldrei



    Literatur |




    • Fritz Bauer, Hans Bürger-Prinz, Hans Giese, Herbert Jäger (Hrsg.), Sexualität und Verbrechen. Beiträge zur Strafrechtsreform. S. Fischer, Frankfurt am Main 1963.

    • Magdalena Beljan: Rosa Zeiten? Eine Geschichte der Subjektivierung männlicher Homosexualität in den 1970er und 1980er Jahren der BRD, transcript, Bielefeld 2014. ISBN 978-3-8376-2857-9.


    • Gisela Bleibtreu-Ehrenberg: Tabu Homosexualität – Die Geschichte eines Vorurteils. S. Fischer, Frankfurt am Main 1978, ISBN 3-10-007302-9.


    • Magnus Hirschfeld: § 175 des Reichsstrafgesetzbuches: die homosexuelle Frage im Urteile der Zeitgenossen. Spohr, Leipzig 1898 (Digitalisat)


    • Burkhard Jellonnek: Homosexuelle unter dem Hakenkreuz. Die Verfolgung von Homosexuellen im Dritten Reich. Paderborn 1990, ISBN 3-506-77482-4.


    • Elmar Kraushaar: Unzucht vor Gericht. Die „Frankfurter Prozesse“ und die Kontinuität des § 175 in den fünfziger Jahren. In: E. Kraushaar (Hrsg.): Hundert Jahre schwul – Eine Revue. Berlin 1997, ISBN 3-87134-307-2, S. 60–69.

    • Joachim Müller, Andreas Sternweiler (Hrsg.): Homosexuelle Männer im KZ Sachsenhausen. Schwules Museum Berlin, Berlin 2000, ISBN 3-86149-097-8.


    • Andreas Pretzel: Als Homosexueller in Erscheinung getreten. In: Kulturring in Berlin e. V. (Hrsg.): „Wegen der zu erwartenden hohen Strafe“ – Homosexuellenverfolgung in Berlin 1933–1945. Berlin 2000, ISBN 3-86149-095-1.

    • Christian Schulz: § 175. (abgewickelt), und die versäumte Wiedergutmachung. Hamburg 1998, ISBN 3-928983-24-5.

    • Christian Schulz: Widernatürliche Unzucht, [Paragraphen] 175, 175a, 175b, 182 a.F. StGB – Reformdiskussion und Gesetzgebung seit 1945. Berliner Wissenschafts-Verlag, 2006.


    • Andreas Sternweiler: Und alles wegen der Jungs – Pfadfinderführer und KZ-Häftling Heinz Dörmer. Berlin 1994, ISBN 3-86149-030-7.


    • Hans-Georg Stümke: Homosexuelle in Deutschland. Eine politische Geschichte. Beck, München 1989, ISBN 3-406-33130-0.


    • Bernhard Rosenkranz, Gottfried Lorenz: Hamburg auf anderen Wegen – Die Geschichte des schwulen Lebens in der Hansestadt. Hamburg 2005, ISBN 3-925495-30-4.

    • Christian Schäfer: Widernatürliche Unzucht (§§ 175, 175a, 175b, 182 a. F. StGB). Reformdiskussion und Gesetzgebung seit 1945. Bwv, Berlin 2006, ISBN 3-8305-1241-4.

    • Alexander Zinn: "Aus dem Volkskörper entfernt"? Homosexuelle Männer im Nationalsozialismus. Campus, Frankfurt am Main 2018, ISBN 9783593508634.



    Weblinks |



     Commons: § 175 StGB – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien


    • Die Verschärfung des Paragrafen 175 auf rosa-winkel.de


    • § 175 (Rechtsgeschichtlicher Überblick)


    • Eine kurze Geschichte des § 175 in der Bundesrepublik Deutschland (ForumRecht 2005,2)


    • Die Liberalisierung des § 175 (Die Debatte um die Liberalisierung des § 175 StGB in den 50er und 60er Jahren)


    • Gestraft fürs Lieben (DIE ZEIT. Hamburg 1999, 33.)



    Fußnoten |




    1. ab § 175a Strafgesetzbuch für das Deutsche Reich vom 15. Mai 1871, Artt. 6 Nr. 2, 14 des Gesetzes vom 28. Juni 1935.


    2. Die Peinliche Gerichtsordnung Kaiser Karls V (Carolina), hrsg. und komm. von Friedrich-Christian Schroeder (Stuttgart: Reclam, 2000).


    3. GStA Koblenz – Wir über uns / Geschichte (Memento vom 1. Mai 2015 im Internet Archive)


    4. Br. des Obertr., S. f. Str.G., Nr. 48, vom 1. Juli 1853. (Entsch. Band XXVI, S. 403.); Siehe auch den obigen Kommentar von 1864.


    5. Stümke 1989: 50 f.


    6. Alexander Zinn: "Aus dem Volkskörper entfernt"? S. 61 f.


    7. Friedrich Radszuweit: Irrlehren über die Homosexualität. § 175 muss abgeschafft werden! Denkschrift an den Deutschen Reichstag zur Beseitigung einer Kulturschande. herausgegeben von Bund für Menschenrechte, Berlin 1927, 14 Seiten


    8. Stümke 1989, 65 f.


    9. „Statistisches Reichsamt“

      Jürgen Baumann: Paragraph 175, Luchterhand, Darmstadt 1968

      Zusammengefasst in: Hans-Georg Stümke, Rudi Finkler: Rosa Winkel, rosa Listen, Rowohlt TB-V., Juli 1985, ISBN 3-499-14827-7, S. 262.



    10. RGSt 73, 78, 80 f


    11. Alexander Zinn: "Aus dem Volkskörper entfernt"? Homosexuelle Männer im Nationalsozialismus. S. 279–289.


    12. Die Verschärfung des Paragrafen 175 auf rosawinkel.de, abgerufen am 7. April 2017


    13. Alexander Zinn: "Aus dem Volkskörper entfernt"? Homosexuelle Männer im Nationalsozialismus. S. 279–289.


    14. Alexander Zinn: "Aus dem Volkskörper entfernt"? Homosexuelle Männer im Nationalsozialismus. S. 279–289.


    15. Alexander Zinn: Gab es eine Lesbenverfolgung durch das NS-Regime?, abgerufen am 26.8.2018


    16. Alexander Zinn: "Aus dem Volkskörper entfernt"? Homosexuelle Männer im Nationalsozialismus. S. 283-285.


    17. Michael Grüttner: Das Dritte Reich. 1933–1939 (= Gebhardt. Handbuch der deutschen Geschichte. Band 19). Klett-Cotta, Stuttgart 2014, S. 420 f.


    18. Alexander Zinn: "Aus dem Volkskörper entfernt"? Homosexuelle Männer im Nationalsozialismus. S. 305-309.


    19. Pretzel 2000, 23.


    20. Angelika von Wahl: How Sexuality Changes Agency: Gay Men, Jews, and Transitional Justice. In: Susanne Buckley-Zistel, Ruth Stanley (Hrsg.): Gender in Transitional Justice (Governance and Limited Statehood). Palgrave Macmillan, 2011, S. 205. Das entsprechende Kapitel mit identischem Absatz findet sich auch auf S. 16 von diesem Aufsatz (Memento vom 4. September 2012 im Internet Archive) der Autorin. Er ist als PDF auf der Website des European Consortium for Political Research zum Download erhältlich.


    21. Christian Schäfer: „Widernatürliche Unzucht“ (2006), S. 253 (eingeschränkte Vorschau in der Google-Buchsuche)


    22. Rainer Hoffschildt: 140.000 Verurteilungen nach „§ 175“. In: Fachverband Homosexualität und Geschichte e. V. (Hrsg.): Invertito – 4. Jg. – Denunziert, verfolgt, ermordet: Homosexuelle Männer und Frauen in der NS-Zeit. MännerschwarmSkript Verlag, Hamburg 2002, ISBN 3-935596-14-6, S. 140–149.


    23. Kraushaar 1997, 62.


    24. Gottfried Lorenz: Richard Gatzweiler. Anlässlich der Führung durch die Ausstellung „Homosexuellenverfolgung in Hamburg“ (Staatsbibliothek Hamburg) am 25. Februar 2007.


    25. ab Andreas Pretzel: NS-Opfer unter Vorbehalt: Homosexuelle Männer in Berlin nach 1945. Lit Verlag, Berlin/Hamburg/Münster 2002, ISBN 3-8258-6390-5, S. 306 f.


    26. BVerfG, Urteil vom 10. Mai 1957, Az. 1 BvR 550/52, BVerfGE 6, 389 – Homosexuelle.


    27. E 1962, BT-Drs. IV/650.


    28. Uwe Scheffler: Das Reformzeitalter 1953–1975 (Memento des Originals vom 9. Januar 2016 im Internet Archive) i Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.@1@2Vorlage:Webachiv/IABot/www.rewi.europa-uni.de (PDF; 535 kB), Europa-Universität Viadrina – Rechtswissenschaften, 2008, S. 186.


    29. Bernhard Nolz: „Schwule Säue!“ (Memento vom 12. Juni 2007 im Internet Archive), Informationsdienst Wissenschaft und Frieden, 3/1995.


    30. Stümke 1989: 138 f.


    31. Zitiert nach Ron Steinke: „Ein Mann, der mit einem anderen Mann…“ – Eine kurze Geschichte des § 175 in der BRD, Forum Recht, Heft 2/2005, S. 60–63.


    32. Bekennt, daß ihr anders seid. In: Der Spiegel. Nr. 11, 1973, S. 46 (online – 12. März 1973). 


    33. Michael Glas: 100 Jahre Schwulenbewegung – Teil 3 – Die Formierungsphase ab 1969 (Memento vom 11. Dezember 2011 im Internet Archive), 28. September 1997, Version: 20. Februar 1998, nuernberg.gay-web.de.


    34. Helmut Ostermeyer: Ist der neue § 175 StGB verfassungswidrig? Zeitschrift für Rechtspolitik, 1969, S. 154.


    35. BVerfG, Beschluss vom 2. Oktober 1973, Az. 1 BvL 7/72, Leitsatz.


    36. Christian Schäfer: „Widernatürliche Unzucht“ (§§ 175, 175 a, 175 b, 182 a. F. StGB), Berliner Wissenschaftsverlag 2006, ISBN 3-8305-1241-4, S. 216.


    37. Bundestagsdrucksache VI/1552, S. 9 ff.


    38. Thomas Stephan: Sexueller Mißbrauch von Jugendlichen. Tectum Verlag, Marburg 2002, ISBN 3-8288-8433-4, S. 23.


    39. FDP-Bundestagswahlprogramm 1980@1@2Vorlage:Toter Link/www.freiheit.org (Seite nicht mehr abrufbar, Suche in Webarchiven) i Info: Der Link wurde automatisch als defekt markiert. Bitte prüfe den Link gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis. (PDF; 4,2 MB)


    40. Schwul mit zwölf. In: Der Spiegel. Nr. 25, 1981, S. 52–53 (online – 15. Juni 1981). 


    41. Leserbriefe: Helmut Schmidt stellt klar. In: Welt Online. 11. April 2010, abgerufen am 11. Mai 2011. 


    42. Rainer Haubrich: Helmut Schmidt im Interview: „Homosexuelle Kanzler? Kein Problem“. In: Welt Online. 9. Mai 2010, abgerufen am 11. Mai 2011. 


    43. http://dip21.bundestag.de/dip21/btd/11/041/1104153.pdf


    44. Vertrag zwischen der DDR und der Bundesrepublik Deutschland über die Herstellung der Einheit Deutschlands -Einigungsvertrag- (1990). In: verfassungen.de. Abgerufen am 17. Februar 2015. 


    45. Anlage II Kap. III Sachgebiet C Abschnitt I Nr. 1 des Einigungsvertrages.


    46. BT-Drs. 14/8276 (Gesetzentwurf; PDF; 265 kB), 14/9092 (Beschlussempfehlung des Rechtsausschusses; PDF; 275 kB)


    47. ab Plenarprotokoll 14/237 (PDF; 1,2 MB) S. 23733 ff., 23741.


    48. Rehabilitierung und Entschädigung der nach 1945 in Deutschland wegen homosexueller Handlungen Verurteilten. In: dipbt.bundestag.de. 17. Dezember 2008, abgerufen am 17. Februar 2015. 


    49. Beschlussempfehlung und Bericht. In: dipbt.bundestag.de. 20. März 2009, abgerufen am 17. Februar 2015. 


    50. Entschließung des Bundesrates für Maßnahmen zur Rehabilitierung und Unterstützung der nach 1945 in beiden deutschen Staaten wegen einvernehmlicher homosexueller Handlungen Verurteilten. In: dipbt.bundestag.de. 27. April 2012, abgerufen am 17. Februar 2015. 


    51. Siehe hierzu: Antwort des Bundesministerium der Justiz im Namen der Bundesregierung auf die schriftliche Frage von Angelika Graf (Rosenheim) (SPD) zum Umsetzungsstand der Bundesratsinitiative, Bundestagsdrucksache 17/14744, Nr. 30.


    52. Rehabilitierung und Entschädigung der nach 1945 in Deutschland wegen homosexueller Handlungen Verurteilten. In: dipbt.bundestag.de. 1. Dezember 2010, abgerufen am 17. Februar 2015. 


    53. Maßnahmen zur Rehabilitierung und Unterstützung der nach 1945 in beiden deutschen Staaten wegen einvernehmlicher homosexueller Handlungen Verurteilten. In: dipbt.bundestag.de. 7. November 2012, abgerufen am 17. Februar 2015. 


    54. Rehabilitierung und Entschädigung der verfolgten Lesben und Schwulen in beiden deutschen Staaten. In: dipbt.bundestag.de. 26. September 2012, abgerufen am 17. Februar 2015. 


    55. Bundesregierung rehabilitiert verurteilte Homosexuelle. In: Süddeutsche.de. 22. März 2017, abgerufen am 26. Juni 2017.


    56. Gesetz zur strafrechtlichen Rehabilitierung der nach dem 8. Mai 1945 wegen einvernehmlicher homosexueller Handlungen verurteilten Personen (StrRehaHomG) bei juris


    57. ab Tilmann Warnecke: Bundestag beschließt Rehabilitierung von Schwulen. In: Tagesspiegel online. 23. Juni 2017, abgerufen am 26. Juni 2017.


    58. Peinliche Halsgerichtsordnung Kaiser Karls V. (Constitutio Criminalis Carolina) von 1532 (PDF; 695 kB), bei smixx.de


    59. opinioiuris.de


    60. ab Christian Friedrich Koch: Allgemeines Landrecht für die preußischen Staaten. 3. verm. Aufl. Band 2,2,2 = 4,2, Nachtr. u. d. Reg., Berlin 1864, S. 141. (bei dlib-pr.mpier.mpg.de).


    61. RGBl. 1871, S. 127. Siehe auch Strafgesetzbuch für den Norddeutschen Bund. Decker, Berlin 1870, S. 46.. In: Deutsches Textarchiv, abgerufen am 8. August 2013.


    62. Das Strafgesetzbuch für das Deutsche Reich nebst dem Einführungsgesetz in kurzen Erläuterungen, bearbeitet von Dr. Hermann Göbel, Direktor am Landgericht I zu Berlin, Verlag C. L. Hirschfeld, Leipzig 1913.


    63. Art. 6 des Gesetzes zur Änderung des Strafgesetzbuchs vom 28. Juni 1935, RGBl. I S. 839.


    64. Strafgesetzbuch und andere Strafgesetze, hrsg. von dem Ministerium der Justiz der Deutschen Demokratischen Republik, Deutscher Zentralverlag, Berlin 1951.


    65. Strafgesetzbuch der Deutschen Demokratischen Republik, herausgegeben vom Ministerium der Justiz, 8. Auflage. Staatsverlag der Deutschen Demokratischen Republik, Berlin 1984.


    66. Plenarprotokoll 12/216 (PDF; 6,1 MB), S. 18.698–18.706.


    67. BGBl. 1994 I S. 1168


    68. BGBl. 2002 I S. 2714 (PDF; 16 kB)


    69. Zeit.de: Kabinett beschließt Rehabilitierung verurteilter Homosexueller. Abgerufen am 20. Juni 2017. 







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