Schillertheater (Berlin)










Das Berliner Schillertheater


Das Schillertheater ist ein Berliner Theatergebäude und war lange Zeit ein Schauspielhaus. Es liegt im Ortsteil Charlottenburg des Bezirks Charlottenburg-Wilmersdorf in der Nähe des Ernst-Reuter-Platzes in der Bismarckstraße 110 (vormals Nr. 117–120). Während der 1920er und 1930er Jahre diente es dem Preußischen Staatstheater Berlin, von 1951 bis 1993 den Staatlichen Schauspielbühnen Berlin. 1993 wurden die Staatlichen Schauspielbühnen auf Beschluss des Berliner Senats wegen der schlechten finanziellen Situation der Stadt nach einem langen Kampf um den Erhalt geschlossen.


Das Gebäude wird zeitweise als Spielstätte und Veranstaltungsort vermietet; vom Herbst 2010 bis zum Sommer 2017 diente es der Staatsoper Unter den Linden als Ersatzspielstätte.


Seit Sommer 2018 nutzen Theater und Komödie am Kurfürstendamm das Haus als Übergangsspielstätte.




Inhaltsverzeichnis






  • 1 Geschichte


  • 2 Ersatzspielstätte für die Staatsoper


  • 3 Ersatzspielstätte für Theater und Komödie am Kurfürstendamm


  • 4 Ensemble


  • 5 Bedeutende Uraufführungen


  • 6 Literatur


  • 7 Weblinks


  • 8 Einzelnachweise





Geschichte |




Innenansicht mit Bestuhlung, 1902




Gebäudekomplex, um 1919




Frontansicht, 1953




Glasschliffwand von Ludwig Peter Kowalski





Briefmarke (1956) der Serie Berliner Stadtbilder


Das Schillertheater wurde 1905 bis 1906 nach Plänen des Münchener Theaterarchitekten Max Littmann für die Schiller-Theater AG und die Stadt Charlottenburg erbaut. Der Skulpturenschmuck wurde von den Bildhauern Düll und Pezold gestaltet, die Ausmalung des Zuschauerraums und der gemalte Vorhang stammt von Julius Mössel. Der Komplex bestand aus drei Flügeln: einem Theatergebäude, einer Gaststätte und einem Mehrzweck-Saalbau. Das 1194 Zuschauer fassende Theater wurde am 1. Januar 1907 mit Friedrich Schillers Schauspiel Die Räuber eröffnet und fortan von der Schiller Theater AG mit einem eigenen Theaterensemble betrieben. Gründungsdirektor war der Slawistik-Professor Raphael Löwenfeld. Die schon 1894 gegründete Schiller Theater AG hatte zuvor als Schiller-Theater Ost das Wallner-Theater und als Schiller-Theater Nord das Woltersdorff-Theater genutzt.


Von Juni 1921 bis zum 1. Juli 1932 war das Haus die zweite Spielstätte des Preußischen Staatstheaters Berlin, das seine Hauptspielstätte im Schauspielhaus am Gendarmenmarkt hatte. Im Mai 1933 wurde es als Preußisches Theater der Jugend im Verbund der Preußischen Staatstheater dem Ministerpräsidenten Hermann Göring unterstellt, bereits am 2. Dezember 1933 jedoch mit einem Festakt und einer Aufführung von Schillers Wilhelm Tell in den Besitz der Stadt Berlin überführt.[1]


Von 1937 bis 1938 wurde das Haus von Paul Baumgarten für die Stadt Berlin umfassend umgebaut. Baumgarten vereinfachte die Fassade und den Zuschauerraum erheblich und veränderte so das Gesicht des Theaters mit Bezug auf die Neue Sachlichkeit der 1920er Jahre, aber auch im Einklang mit dem herrschenden monumentalen Architekturgeschmack des Nationalsozialismus. Es wurde eine „Regierungsloge“ eingebaut. Am Umbau waren die Bildhauer Paul Scheurich und Karl Nocke sowie der Maler Albert Birkle beteiligt. Ab der Wiedereröffnung mit Schillers Kabale und Liebe 1938 wurde das Haus als Schiller-Theater der Reichshauptstadt Berlin betrieben. Intendant war unter dem Pseudonym Heinrich Schmitz der Schauspieler Heinrich George. Laut Berta Drews, seiner Ehefrau, wurde das Theater im September 1943 von Brandbomben getroffen, wobei das Bühnendach in den Zuschauerraum stürzte.[2] Bei einem Luftangriff am 23. November desselben Jahres wurde das Gebäude endgültig zerstört.


Zwischen 1950 und 1951 wurde das Theater nach Plänen von Heinz Völker und Rolf Grosse für die Stadt Berlin neu errichtet. Einige Teile der Ruine des alten Theaters wurden für den Neubau wiederverwendet. Die Glasschliffwand des Hauptfoyers (25 m × 5,20 m) schuf der Maler Ludwig Peter Kowalski,[3] die Reliefwand des Entrées (Hartstuck, Länge 28 m) stammt von dem Bildhauer Bernhard Heiliger.[4] Zur Eröffnung am 6. September 1951 wurde Schillers Wilhelm Tell gezeigt. Das Schillertheater war mit 1067 Sitzplätzen als Großes Haus die Hauptspielstätte der Staatlichen Schauspielbühnen Berlin, die daneben das Schlossparktheater in Steglitz als Kleines Haus benutzten. Weitere Spielstätten waren die Schiller-Theater Werkstatt im Gebäude des Schillertheaters (heute: Nebenspielstätte des GRIPS-Theaters) und das Ballhaus Rixdorf.


Bekannte Intendanten der Staatlichen Schauspielbühnen waren Heinrich George, Boleslaw Barlog, Hans Lietzau, Boy Gobert und Heribert Sasse.[5]


Bedeutende Regisseure wie Gustaf Gründgens, Jürgen Fehling, Samuel Beckett, Fritz Kortner, Boleslaw Barlog, Hans Lietzau, Karl Paryla,[6]George Tabori, Hans Neuenfels, Hans Hollmann und Peter Zadek haben an diesem Haus erfolgreich gearbeitet.


Im Jahr 1993 wurde das Schillertheater auf Beschluss des Senats von Berlin aufgrund der finanziellen Notlage Berlins geschlossen und alle fest engagierten Mitarbeiter und Künstler (darunter Bernhard Minetti, Erich Schellow und Sabine Sinjen) entlassen. Die letzte Aufführung der staatlichen Bühnen dort war die Premiere des Stücks Weißalles und Dickedumm von Coline Serreau mit Katharina Thalbach.


Die Schließung der größten deutschen Sprechbühne löste Protest und Verbitterung aus und brachte dem damaligen Kultur-Senator Ulrich Roloff-Momin den Ruf „Schiller-Killer“ ein. Danach wurde es als Musical- und Gastspieltheater genutzt. Von Januar bis Oktober 2000 nutzte das Maxim-Gorki-Theater die Bühne des Schillertheaters.



Ersatzspielstätte für die Staatsoper |


Nach Ende des Spielbetriebs in der Berliner Staatsoper Unter den Linden zum 31. Mai 2010 waren das Ensemble und die Staatskapelle für die Dauer der Sanierungsarbeiten bis 2017 im Schillertheater untergebracht. Die erste Opernpremiere in der Übergangsspielstätte fand am 3. Oktober 2010 statt.[7]


Nach sieben Jahren Renovierungszeit beendete die Staatsoper zum Ende der Spielzeit 2016/17 ihre Zeit im Schillertheater.[8]



Ersatzspielstätte für Theater und Komödie am Kurfürstendamm |


Seit Sommer 2018 nutzen Theater und Komödie am Kurfürstendamm das Schillertheater als Übergangsspielstätte für die voraussichtlich drei Jahre dauernden Umbauarbeiten des Ku’damm-Karree-Hochhauses. Die Übergangsspielstätte heißt „Komödie am Kurfürstendamm im Schillertheater“ und wurde am 23. September 2018 mit der Premiere von Willkommen bei den Hartmanns eröffnet.



Ensemble |


Auswahl von Schauspielern, die am Schillertheater in Hauptrollen auftraten:




  • Kerstin de Ahna

  • Albert Bassermann

  • Hugo Egon Balder

  • Horst Bollmann

  • Suzanne von Borsody

  • Claus Clausen

  • Ernst Deutsch

  • Ralf Dittrich

  • Käthe Dorsch

  • Berta Drews

  • Rosemarie Fendel

  • Heino Ferch

  • Walter Franck

  • Joana Maria Gorvin

  • Carla Hagen

  • Uta Hallant

  • Martin Held

  • Karl Hellmer

  • Rolf Henniger

  • Lucie Höflich

  • Thomas Holtzmann

  • Hansi Jochmann

  • Charlotte Joeres

  • Klaus Kammer

  • Sebastian Koch

  • Hans Peter Korff

  • Hermine Körner

  • Werner Krauß

  • Regina Lemnitz

  • Christiane Leuchtmann

  • Wolfgang Liebeneiner

  • Heinz Lieven

  • Peter Lohmeyer

  • Joseph Lorenz

  • Erika Meingast

  • Bernhard Minetti

  • Franz Nicklisch

  • Sabine Orléans

  • Götz Otto

  • Christine Prober

  • Will Quadflieg

  • Carl Raddatz

  • Peter Sattmann

  • Erich Schellow

  • Ralf Schermuly

  • Walter Schmidinger

  • Ernst Schröder

  • Eva Katharina Schultz

  • Sabine Sinjen

  • Katharina Thalbach

  • Heidemarie Theobald

  • Peter Ustinov

  • Elsa Wagner

  • Antje Weisgerber

  • Stefan Wigger




Bedeutende Uraufführungen |




  • Max Frisch: Don Juan oder Die Liebe zur Geometrie (5. Mai 1953, gleichzeitig am Schauspielhaus Zürich)


  • Edward Albee: Die Zoogeschichte (28. September 1959)


  • Martin Walser: Eiche und Angora (23. September 1962)


  • Peter Weiss: Die Verfolgung und Ermordung Jean Paul Marats (29. April 1964)


  • Günter Grass: Die Plebejer proben den Aufstand (15. Januar 1966)

  • Günter Grass: Davor (14. Februar 1969)


  • Conor Cruise O’Brien: Mörderische Engel (10. Januar 1971)[6]


  • Thomas Bernhard: Einfach kompliziert (28. Februar 1986)


  • Pavel Kohout: Patt (29. August 1987)


  • Doris Lessing: Jedem seine eigene Wildnis (25. September 1987), 1988 Einladung zum Berliner Theatertreffen


  • Thomas Bernhard: Elisabeth II (5. November 1989)


  • Volker Braun: Böhmen am Meer (11. März 1992)[9]



Literatur |


  • Paul Baumgarten: Neue Theaterbauten in Saarbrücken und Berlin, in: Die Kunst im Dritten Reich, München 1938, S. 94–111 u. 117–124.


Weblinks |



 Commons: Schillertheater – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien


  • Geschichte des Schillertheaters. www.staatsoper-berlin.de

  • Das erste Schillertheater auf Ansichtskarten

  • Das zweite Schillertheater auf Ansichtskarten

  • Bild und kurze Geschichte auf Berlin.de


  • Eintrag in der Berliner Landesdenkmalliste: Schillertheater mit Werkstatt und Studio



Einzelnachweise |




  1. Horst Schroeder Theater-, Musik- und Filmkritiken im Dritten Reich; Preußisches Theater der Jugend im Schiller-Theater Preuß. Theater d. Jugend, 1933 (eingeschränkte Vorschau in der Google-Buchsuche).


  2. Der Pakt mit dem Teufel. Heinrich Georges Liaison mit den Nazis. auf SWR2, S. 6.


  3. Baugeschichte. In: Website der Staatsoper Berlin: Geschichte des Schiller-Theaters. Abgerufen am 19. Mai 2013. 


  4. Biographie. In: Website der Bernhard-Heiliger-Stiftung. Abgerufen am 19. Mai 2013. 


  5. (…) Gobert-Nachfolger als Schauspielbühnen-Leiter. In: oe1.orf.at, 18. Februar 2004, abgerufen am 26. November 2010.


  6. ab Im Berliner Schillertheater wird heute (…) In: Arbeiter-Zeitung, 10. Jänner 1971, S. 4, Bildkommentar.


  7. Wie aus dem Berliner Schillertheater eine Oper wird


  8. Wiedereröffnung der Staatsoper Unter den Linden. 4. Oktober 2017, abgerufen am 18. März 2019. 


  9. Die ganze beschissene Welt auf dem Buckel. In: Neues Deutschland, 12. März 1992


52.51170916666713.31805825Koordinaten: 52° 30′ 42,2″ N, 13° 19′ 5″ O








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