Victor Talking Machine Company




Die Victor Talking Machine Company (Victor Talking Machine Co.) war einer der bedeutendsten amerikanischen Hersteller von Grammophonen sowie von Schellackplatten mit Sitz in Camden, New Jersey. Das Unternehmen wurde am 3. Oktober 1901, nach umfangreichen gerichtlichen Auseinandersetzungen zwischen Emil Berliner und Eldridge R. Johnson, mit der Zielsetzung einen patentrechtlichen und finanztechnischen Interessenausgleich herbeizuführen, gegründet. Im Jahre 1929 übernahm die Radio Corporation of America, kurz RCA, das Unternehmen, welche fortan die miterworbenen Patent- und Namensrechte für sich nutzbringend einsetze.




Inhaltsverzeichnis






  • 1 Historie


    • 1.1 Vorgeschichte


    • 1.2 Rechtsstreitigkeiten


    • 1.3 Die Victor Talking Machine Company entsteht


    • 1.4 Nipper


    • 1.5 Victrola


    • 1.6 Die 1920er Jahre




  • 2 Künstler und Repertoire


  • 3 Diskografie


  • 4 Anmerkungen


  • 5 Literatur


  • 6 Weblinks


  • 7 Einzelnachweise





Historie |



Vorgeschichte |




Ten Inch Monarch Record - Black Label. Ticklish Reuben, Cal Stewart. Katalognummer 1637. Erstveröffentlichung 1902.




Twelve Inch Victor Record - Black Label. Eugene Onegin Aria, Albert G. Janpolski. Katalognummer 31463. Erstveröffentlichung 1905.


Im Jahr 1900 beteiligte sich der Konstrukteur und Mechaniker Eldridge R. Johnson ebenso wie Emil Berliner, welcher die horizontale Aufzeichnung von Tonsignalen in Form der heute gebräuchlichen Schallplatten kommerzialisierte, an der Weiterentwicklung und Verbesserung des Grammophons einschließlich des dazugehörigen Tonträgers. Die hierbei erzielten produktionstechnischen Fortschritte ermöglichten es Johnson, zu Beginn des gleichen Jahres, selbst Schellackplatten herzustellen und diese interessierten Kunden unter der Bezeichnung Gram-O-Phone Record zum Kauf anbieten zu können.[1] Jene Pressungen besaßen einen Durchmesser von Seven Inch und waren im Gegensatz zu den Schellackplatten Berliners, der keine Aufdrucke für seine Tonträger verwendete, mit einem Label aus schwarzem Papier und einer goldfarbenen Schrift versehen. Die erste Veröffentlichung mit der Matrixnummer A-1 datierte auf den 28. Juni 1900 und beinhaltete eine Aufnahme des Gedichts Departure von Eugene Field vorgetragen von George Broderick.


Den steigenden Verkaufszahlen Rechnung tragend, gründete Johnson gemeinsam mit Leon Forrest Douglass, in der Mitte desselben Jahres, die Consolidated Talking Machine Company, der es von nun an oblag die Produktion sowie die Vermarktung der johnsonschen Grammophone, einschließlich der dazugehörigen Schellackplatten, zu übernehmen. Letztendlich konnten in Summe fünf von Johnson selbst entwickelte Modelle des Grammophons sowie diverse Tonträger mit Aufnahmen verschiedenster Künstler aus den Vereinigten Staaten, produziert in den firmeneigenen Tonstudios, käuflich erworben werden, wobei der musikalische Katalog seine Ergänzung durch Darbietungen von Musikschaffenden, ursprünglich erstellt für Berliners Gramophone Company, aufgenommen in England durch Fred Gaisberg und Belford Royal, fand.



Rechtsstreitigkeiten |


Anfang des darauffolgenden Jahres 1901 gelang es Johnson eine weitere in ihrem Durchmesser größere Schellackplatte, „Ten Inch“, dies entspricht in etwa 25,4 Zentimetern, anfänglich unter der Bezeichnung „Victor Ten Inch Record“[2] später „Victor Monarch Record“[3] herzustellen und auf dem Markt für Tonträger einzuführen und zu etablieren. Hinsichtlich der Seven Inch sah sich Johnson, aufgrund von gerichtlichen Auseinandersetzungen mit Berliner, die es ihm verboten die Wortbezeichnung Grammophon für seine Produkte zu nutzen, gezwungen deren Namen abzuändern und von da an unter der Bezeichnung „Improved Record“[4] zu führen.[* 1] Um weiteren möglicherweise drohenden, langwierigen Gerichtsprozessen in letzter Konsequenz aus dem Weg zu gehen änderte Johnson erneut den Namen für seine Seven Inch Schallplatten auf „Victor Record“ und ließ diesen am 12. März 1901 als Schutzmarke registrieren.



Die Victor Talking Machine Company entsteht |


Gegen Ende des Jahres, am 3. Oktober 1901 kamen Emile Berliner und Johnson überein, ihre finanziellen und patentrechtlichen Interessen in einem gemeinsamen Unternehmen, der Victor Talking Machine Company, zu bündeln und die gerichtlichen Auseinandersetzungen zu beenden. Die Neugründung nahm bereits am 5. Oktober desselben Jahres unter der Führung von Johnson sowie unter der Beteiligung von Leon Forrest Douglass, der als Vizepräsident und Generalmanager fungierte, seine Tätigkeiten auf. Des Weiteren traten Thomas S. Parvin als Schatzmeister, A.C. Middleton in Funktion des Sekretärs und Horace Pettit zuständig für die Rechtsabteilung, der Unternehmensführung bei. Bezüglich der Ausgabe von Beteiligungen einigte man sich dahingehend, 20.000 Stammaktien und 5.000 Vorzugsaktien, in Abhängigkeit der in das Unternehmen eingebrachten materiellen und immateriellen Werte, unter den verschiedenen Anteilseignern aufzuteilen.[* 2] Der Unternehmenssitz sowie die Produktionsstätten wurden in Camden, New Jersey errichtet, jener Stadt in der Johnson vormals seinen Geschäften nachging. Das Aufnahmestudio hingegen bezog seine Räumlichkeiten in der Camden gegenüberliegenden, durch den Delaware River getrennten, Metropole Philadelphia in Pennsylvania.


Mit der Gramophone Company einem von Emile Berliner ursprünglich für den europäischen Markt gegründeten Unternehmen, wurden diverse Vereinbarungen getroffen, die zum einen die Beteiligung an den Kosten für die Entwicklungsabteilung der Victor Talking Machine Company vorsahen und zum anderen die Verpflichtung enthielten einen fünfundzwanzig prozentigen Anteil abzuführen, um im Gegenzug einen Patent- und Markenschutz durch „Victor“ zu erhalten. Ebenso wurde der Gramophone Company das Recht zugesprochen Grammophone in Europa, dort insbesondere innerhalb des Vereinigten Königreich einschließlich seiner Kolonien und Besitzungen sowie in Russland und Japan zu vertreiben.[* 3]



Nipper |





His Master’s Voice Logo mit Nipper


Nipper, welcher der Stimme seines Herren – „His Master’s Voice“ – lauscht, zu Beginn des Jahres 1899 von dem Londoner Künstler Francis James Barraud gemalt und zur Nutzung als Markenzeichen an die Gramophone Company verkauft, zierte ab 1902 ebenfalls die Labels der Victor Talking Machine Company. Im Januar des gleichen Jahres übernahmen Johnson und Douglass die Globe Record Company und verkauften diese alsbald an die American Graphophone Company. Mit Unterzeichnung des Vertrages begannen Verhandlungen mit der Columbia Phonograph Company bezüglich deren Vermarktungsinteressen, die Rechtsstreitigkeiten nach sich zogen, aber in letzter Instanz, mittels außergerichtlichen Übereinkünften, ihre Beilegung fanden. Gegen Ende des Jahres konnte Victor die Produktion von über zwei Millionen Schellackplatten vermelden, zum Teil darin begründet, dass das Unternehmen sich im Besitz der wichtigsten Patente des Grammophon-Marktes zum damaligen Zeitpunkt befand und eine von Johnson entwickelte, verbesserte Plattenpresse zur Herstellung der Tonträger zum Einsatz kam.


Während in Europa die Gramophone Company in ihren Tonstudios auch klassische Musik produzierte, so beispielsweise mit dem in jenen Jahren aufstrebenden italienischen Opernsänger Enrico Caruso, aber auch mit den russischstämmigen Bass Fjodor Iwanowitsch Schaljapin, und diese unter einem höherpreisigen eigens dafür geschaffenen Label, in roter Ausführung, zum Kauf anbot, spezialisierte man sich seitens „Victor Records“ auf das Verlegen von bekannten Musikstücken, humoristischen Liedern, Rezitationen sowie von Bandmusik der damals beliebtesten Genres. Das Repertoire klassischer Stücke dementgegen beschränkte sich auf wenige Aufzeichnungen von Künstlern wie die von George Broderick, Rosalia Chalia und Emilo de Gogorza. Dies änderte sich erst mit der Markteinführung des Labels „Victor Red Seal“,[5] von der Idee her der Gramophone Company entliehen, im Jahre 1903 in den Vereinigten Staaten, verbunden mit dem Import von fünfundzwanzig klassischen Aufnahmen, darunter auch denjenigen von Enrico Caruso.[* 4]


Als weitere Neuerung führte Victor im selben Jahr feste, systematisch geordnete Katalognummern ein und tauschte die bestehende „Fourteen Inch“, dies entspricht in etwa 35,56 cm, De Luxe Record Serie gegen die De Luxe Special Record Serie mit einer Umdrehungsgeschwindigkeit von 60 rpm aus,[* 5] gefolgt, gegen Ende des Jahres, von einer „Twelve Inch“, dies entspricht in etwa 30,48 cm, De Luxe Black Label Serie sowie einer Read Seal Serie gleicher Größe.[* 6] Des Weiteren verbesserte Johnson die technische Ausstattung der angebotenen Grammophone durch die bauliche Überholung des Tonarmes. Die Aufnahmestudios in Philadelphia wurden von Calvin G. Child verwaltet. Aufnahmeleiter war Harry O. Sooy, später gemeinschaftlich mit seinen Brüdern Raymond A. Sooy und Charles E. Sooy. Erster Musikdirektor war Arthur W. Pryor nach kurzer Zeit gefolgt von Walter B. Rogers.



Victrola |





Enrico Caruso mit einem für ihn individuell gefertigtem Gerät der Marke Victrola.


Im Jahre 1906 führt Victor einen neuen Typ Grammophon mit dem Markennamen Victrola ein, bei dem die mechanischen Bauteile sowie der Schalltrichter in ein Gehäuse aus Holz integriert waren und ein Stauraum für Schellackplatten zur Verfügung stand. An der Vorderseite der Geräte befand sich eine Türe, durch die mittels öffnen und schließen gezielt die Lautstärke beeinflusst werden konnte. Die Patentrechte für diese neuartige Sprechmaschinenkonstruktion lang bei Eldridge R. Johnson, der diese am 8. Dezember 1904 anmeldete und schließlich am 11. Juni 1907 unter der Nummer U.S. 856.704 zuerkannt bekam.[6]



Die 1920er Jahre |


1924 erwarb Victor die kanadische Berliner Gramophone. 1925 führte Victor unter dem Namen Orthophonic die neue elektrische (anstelle der bisherigen mechanischen bzw. akustischen) Aufnahmetechnik ein. 1928 verkaufte Johnson seine Victor-Anteile, die 1929 von der Radio Corporation of America (RCA) erworben wurden. Das Label wurde dann als Radio-Victor Division of the Radio Corporation of America und später als RCA Victor vermarktet.


Die Victor Company of Japan, Limited (JVC), wurde 1927 gegründet, 1940 unabhängig von Victor und ist heute eine weltweit bekannte Marke.



Künstler und Repertoire |




  • 1900: Veröffentlichung des Gedichts Departure von Eugene Field vorgetragen von George Broderick, durch das Vorläuferunternehmen der Victor Talking Machine Company.


  • 1903: Aufnahmen in den Räumlichkeiten der Carnegie Hall mit der australischen Mezzosopranistin Ada Crossley und der Vertonung des Gedichtes Caro Mio Ben von Giuseppe Giordani. Es folgen die Musikschaffenden Louise Homer, Johanna Gadski, Antonio Scotti.


  • 1904: Aufnahmen mit Enrico Caruso, nach dem Zustandekommen eines Exklusivertrages mit Victor. Weitere Künstler, die unter dem Label Red Seal veröffentlichten, waren Zelie de Lussan, Emma Eames, Marcel Journet und Marcella Sembrich. Für die australische Sopranistin Nellie Melba legte Victor Record eine auf diese speziell zugeschnittene Serie von Schellackplatten unter dem Namen Victor Melba Records auf.[7]


  • 1905: Auflegen einer weiteren Serie von Schellackplatten unter der Bezeichnung Victor Patti Records mit der spanischen Sopranistin Adelina Patti.[8]



Diskografie |


Zu den Tonträgerveröffentlichungen der Victor Talking Machine Company siehe



  • (Auslagerung zu diesem Artikel)


Anmerkungen |




  1. Die Beschwerde bezüglich der Verletzung des Markennamens sowie deren Stattgabe bei Gericht wurde in dem nachfolgenden Berufungsverfahren im Juni 1901 verworfen und am 22. Juli 1902, nach einem weiteren Verfahren, erneut bestätigt und wieder in Kraft gesetzt.


  2. Auf die Consolidated Talking Machine Company, dem Unternehmen Berliners, der sich nicht selbst an der Leitung der Viktor Talking Machine Company beteiligte, entfielen 8.000 Stammaktien aufgrund der zur Verfügungstellung der Patente Berliners. Des Weiteren erfolgte die Zahlung von 50.000 US-Dollar für 500 Vorzugsaktien, versehen mit einem Bonus von 1000 zusätzlichen Stammaktien. Johnson hingegen erhielt 10.000 Stammaktien und 3000 Vorzugsaktien für seine Patente und die bestehende von ihm zur Verfügung gestellte Logistik. Die verbleibenden 1000 Stammaktien und 1500 Vorzugsaktien verblieben in Unternehmensbesitz.


  3. Die Verbindung zwischen der Gramophon Company und der Victor Talking Machine Company hielt bis ins Jahr 1953.


  4. Das Label „Victor Red Seal“ startete mit der Katalognummer 5000 in den Vereinigten Staaten und wurde anfänglich für 2,50 US-Dollar zum Kauf angeboten.


  5. Die De Luxe Special Record wurde für 2 US-Dollar verkauft.


  6. Die De Luxe Black Label wurde für 1,50 US-Dollar und die Read Seal für 3,00 US Dollar verkauft.



Literatur |




  • Herbert Jüttemann: Phonographen und Grammophone, 4. Auflage, Funk-Verlag Hein, Dessau 2007, ISBN 978-3-939197-17-1.

  • Frank Hoffmann & Howard Ferstler: Encyclopedia of Recorded Sound, Routledge, London 2005, ISBN 978-0-415-93835-8.


  • Richard James Burgess: The History of Music Production, 1. Auflage, Oxford University Press, New York 2014, ISBN 978-0-19-935717-8



Weblinks |



 Commons: Victor Talking Machine Company – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien


Einzelnachweise |




  1. Improved Gram-O-Phone Record. Discogs, abgerufen am 3. August 2017 (englisch). 


  2. Victor Ten Inch Record. Discogs, abgerufen am 3. August 2017 (englisch). 


  3. Victor Monarch Record. Discogs, abgerufen am 3. August 2017 (englisch). 


  4. Improved Record. Discogs, abgerufen am 3. August 2017 (englisch). 


  5. Victor Red Seal. Discogs, abgerufen am 7. August 2017 (englisch). 


  6. E.R. Johnson: Talking Machine. 11. Juni 1907, abgerufen am 5. Februar 2018 (pdf, englisch, Patentschrift im Original). 


  7. Nellie Melba. Discogs, abgerufen am 8. August 2017 (englisch). 


  8. Adelina Patti. Discogs, abgerufen am 8. August 2017 (englisch). 




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