Günther Rühle




Günther Rühle (* 3. Juni 1924 in Gießen) ist ein deutscher Kritiker, Publizist und Intendant. Als Feuilletonchef großer deutscher Tageszeitungen galt Rühle als einer der einflussreichsten Theaterkritiker seit den 60er Jahren.[1] Von 1984 bis 1990 leitete er als Intendant das Schauspiel Frankfurt.


Günther Rühle ist Mitglied des PEN-Zentrums Deutschland. Von 1993 bis 1999 war er Präsident der Deutschen Akademie der Darstellenden Künste in Frankfurt. Heute ist er deren Ehrenpräsident. 2009 wurde der im Rahmen der Woche junger Schauspielerinnen und Schauspieler verliehene Preis für die beste darstellerische Leistung in Günther-Rühle-Preis umbenannt.




Inhaltsverzeichnis






  • 1 Sein Werdegang


    • 1.1 Theaterkritiker


    • 1.2 Intendant


    • 1.3 Publizistische Tätigkeit




  • 2 Auszeichnungen und Ehrungen


  • 3 Schriften (Auswahl)


  • 4 Literatur


  • 5 Weblinks


  • 6 Einzelnachweise





Sein Werdegang |



Theaterkritiker |


Von 1946 bis 1952 studierte er Germanistik, Geschichte und Volkskunde an der Johann Wolfgang Goethe-Universität Frankfurt am Main. Nach seiner Promotion wechselte er 1953 als Journalist zur Frankfurter Rundschau. 1954 ging er in die Feuilleton-Redaktion der Frankfurter Neuen Presse. Seit seinem Eintritt bei der FAZ 1960 entwickelte sich Rühle zum einflussreichen Theaterkritiker. 1974 übernahm er dort die Leitung der Feuilleton-Redaktion. 1990 wurde Rühle Feuilletonchef des Berliner Tagesspiegels.



Intendant |


1984 gewann ihn der damalige Frankfurter Kulturdezernent Hilmar Hoffmann als Nachfolger für den ausscheidenden Adolf Dresen. Von 1985 bis 1990 war er sein Nachfolger als Intendant des Schauspiels Frankfurt. Rühle verpflichtete Michael Gruner und Dietrich Hilsdorf als Hausregisseure, entdeckte Schauspieler wie Martin Wuttke und Thomas Thieme und förderte den Regisseur und Dichter Einar Schleef. 1985 inszenierte Dietrich Hilsdorf das umstrittene Fassbinder-Stück Der Müll, die Stadt und der Tod in den Kammerspielen des Schauspiels Frankfurt, und es kam auf Grund behaupteter antisemitischer Tendenzen im Stück zum Eklat. Mit einer Besetzung der Bühne durch 30 Mitglieder v. a. der Jüdischen Gemeinde wurde die Premiere am 31. Oktober 1985 verhindert. Rühle setzte eine Aufführung für ca. 200 Kritiker und Beschäftigte des Schauspiels für den 4. November an, die vom Verlag als Uraufführung gewertet wurde. Die Frankfurter Rundschau schrieb am 5. November 1985 : „Das Frankfurter Theater hat es auf sich genommen, … den Beweis (zu) erbringen …, dass Faßbinders Szenen nicht von einer antisemitischen Grundhaltung bestimmt sind.“[2] Aufgrund der anhaltenden Proteste wurde das Stück abgesetzt, weil die Sicherheit des Publikums nicht zu gewährleisten war.


Für den aus der DDR stammenden Regisseur Einar Schleef brachte die Frankfurter Zeit in der Intendanz von Günther Rühle den künstlerischen Durchbruch. Rühle hielt zu Schleef und sicherte ihm kontinuierliche Arbeitsmöglichkeiten zu – trotz anfänglichen Misserfolgs der Inszenierungen und heftiger Angriffe seitens der Frankfurter Theaterkritik gegen Schleef. 1988 wurde das Schauspiel Frankfurt jedoch mit Schleefs Inszenierung Vor Sonnenaufgang zum Berliner Theatertreffen eingeladen.


1989 bot Hilmar Hoffmann dem Intendanten Rühle eine Vertragsverlängerung um drei Jahre an; Rühle lehnte ab und begründete dies mit den durchweg negativen Reaktionen der Frankfurter Presse auf die Aufführungen an seinem Haus.[3] Seine Amtszeit endete mit der Spielzeit 1989/90.



Publizistische Tätigkeit |


Ab 1995 arbeitete Rühle als freier Publizist. Er ist Herausgeber der Werkausgabe in Einzelbänden von Alfred Kerr bei S. Fischer, Präsident der Alfred-Kerr-Stiftung in Berlin und Herausgeber der Gesammelten Werke von Marieluise Fleißer bei Suhrkamp. 1988 erschien Rühles zweibändiges Werk zur Geschichte der deutschen Theaterkritik: Theater für die Republik. Im Spiegel der Kritik.
Der erste Band seiner bislang zweibändigen Dokumentation der deutschen Theatergeschichte Theater in Deutschland 1887 bis 1945. Seine Ereignisse – seine Menschen erschien 2007 im Verlag S. Fischer. 2014 folgte der zweite Band, der die Jahre von 1945 bis 1966 umfasst. Das Werk wird wegen der enormen Detailkenntnis und der anschaulichen Darstellung von der Kritik nahezu einhellig gelobt und gilt seither als theatergeschichtliches Standardwerk.[4]



Auszeichnungen und Ehrungen |



  • 1963 Theodor-Wolff-Preis

  • 2007 Johann-Heinrich-Merck-Preis

  • 2009 Hermann-Sinsheimer-Preis

  • 2010 Binding-Kulturpreis

  • 2013 Rahel-Varnhagen-von-Ense-Medaille


Rühle ist Ehrenbürger der Stadt Bensheim.[5]



Schriften (Auswahl) |



  • als Hg.: Bücher, die das Jahrhundert bewegten. Zeitanalysen, wiedergelesen. Piper, München 1978, ISBN 3-492-02399-1; Fischer TB 5008, Frankfurt 1980, ISBN 3-596-25008-0.[6]


  • Theater für die Republik. Im Spiegel der Kritik. 1. Bd. 1917–1925. Überarbeitete Neuauflage. S. Fischer Verlag, Frankfurt 1988, ISBN 3-10-068503-2.


  • Theater für die Republik. Im Spiegel der Kritik. 2. Bd. 1926–1933. Überarbeitete Neuauflage. S. Fischer Verlag, Frankfurt 1988, ISBN 3-10-068504-0.


  • Theater in Deutschland 1887–1945. Seine Ereignisse – seine Menschen. S. Fischer Verlag, Frankfurt 2007, ISBN 978-3-10-068508-7.


  • Theater in Deutschland 1946–1966. Seine Ereignisse – seine Menschen. S. Fischer Verlag, Frankfurt 2014, ISBN 978-3-10-001461-0.



Literatur |



  • C. Bernd Sucher (Hrsg.): Theater Lexikon, Autoren, Regisseure, Schauspieler, Dramaturgen, Bühnenbildner, Kritiker. Deutscher Taschenbuch Verlag, München 1995, ISBN 3-423-03322-3.


Weblinks |




  • Literatur von und über Günther Rühle im Katalog der Deutschen Nationalbibliothek


  • Kurzbiografie und Rezensionen zu Werken von Günther Rühle bei perlentaucher.de


  • Vita von Günther Rühle als Stiftungsratsmitglied der Alfred-Kerr-Stiftung


  • Günther Rühle beim S. Fischer Verlag


  • Günther-Rühle-Archiv im Archiv der Akademie der Künste, Berlin



Einzelnachweise |




  1. Dem Neuen eine Chance: Günther Rühle wird 80 von Ulrich Greiner, Die Zeit 3. Juni 2004


  2. Schonzone und Schonzeit von Hans Schueler, Die Zeit 5. Dezember 1986


  3. Wolfgang Behrens: Einar Schleef. Werk und Person. Verlag Theater der Zeit Berlin, 2003. ISBN 3-934344-30-5, S. 135


  4. https://www.perlentaucher.de/buch/guenther-ruehle/theater-in-deutschland-1887-1945.html, abgerufen am 3. März 2019


  5. bensheim.de: Ehrenbürger Günther Rühle mit dem Binding-Kulturpreis ausgezeichnet.@1@2Vorlage:Toter Link/www.bensheim.de (Seite nicht mehr abrufbar, Suche in Webarchiven) i Info: Der Link wurde automatisch als defekt markiert. Bitte prüfe den Link gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis. Vom 17. Juni 2010, abgerufen am 8. August 2013


  6. Auszüge aus: Max Weber: Die protestantische Ethik und der Geist des Kapitalismus; Walther Rathenau: Von kommenden Dingen; Ernst Bloch: Geist der Utopie; Oswald Spengler: Der Untergang des Abendlandes; Karl Barth: Der Römerbrief; Georg Lukács: Geschichte und Klassenbewußtsein; Martin Heidegger: Was ist Metaphysik?; Sigmund Freud: Das Unbehagen in der Kultur; José Ortega y Gasset: Der Aufstand der Massen; Alfred Rosenberg: Der Mythus des zwanzigsten Jahrhunderts; Karl Jaspers: Die geistige Situation der Zeit; Ernst Jünger: Der Arbeiter. Herrschaft und Gestalt; Helmuth Plessner: Die verspätete Nation; Max Horkheimer & Theodor W. Adorno: Dialektik der Aufklärung; Romano Guardini: Das Ende der Neuzeit; Günther Anders: Die Antiquiertheit des Menschen; Arnold Gehlen: Die Seele im technischen Zeitalter; Alexander und Margarete Mitscherlich: Die Unfähigkeit zu trauern; Herbert Marcuse: Der eindimensionale Mensch.
























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